Neuruppin: Missbrauchte Trauer

In Neuruppin spielt sich Gespenstisches ab. Nach Weihnachten brachte sich in Treskow Dietmar Lenz, der ehemalige Geschäftsführer der Neuruppiner Stadtwerke, um. Das ist erschütternd, das ist traurig, das macht nachdenklich.
Aber ein Held ist Dietmar Lenz nicht. Dazu wollen ihn aber einige Neuruppiner machen.

Zu einer Trauerfeier für Lenz auf dem Schulplatz kamen am 8. Januar 2010 etwa 1000 Menschen. „Kein Weiter so“ war das Motto, das überall auf Plakaten zu lesen war. „Kein weiter so mit dem zerstörerischen Umgang mit menschlichen Schicksalen“, forderte in einer Rede der ehemalige Neuruppiner Bürgermeister Otto Theel. Es müsse Schluss sein mit den Gerüchten und Vorwürfen gegen einzelne Personen durch die Staatsanwaltschaft oder in den Medien, forderte der Stadtverordnete Gerd Klier.
Es ist sogar die Rede von einem Gedenkstein oder einer Dietmar-Lenz-Straße.

Theel musste einst als Bürgermeister zurücktreten – wegen Vorteilsnahme im Amt. Dafür bekam er eine neunmonatige Bewährungsstrafe.
Die Äußerungen haben ein gewaltiges Geschmäckle. Was will Theel denn? Lenz hat Fehler gemacht. Justiziable Fehler. Auch wenn er ein Macher war, ein Gönner, für seine Fehler muss jeder bestraft werden. Oder soll jeder schalten und walten können, wie er will? Ist es das, was auch Gerd Klier möchte? Ist es nicht eher so, dass Otto Theel von sich selbst spricht, wenn er nicht will, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt?

Der nächste Schritt in der Trauer ist ein Abwahlbegehren gegen den aktuellen Neuruppiner Bürgermeister Jens-Peter Golde. Auf der Trauerfeier lag eine Unterschriftenliste aus. Das Begehren läuft noch.
Die Politik in Neuruppin ist gespalten. Zurecht ist es vielen Abgeordneten unangenehm, dass diese Prozedur im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Lenz-Selbstmord steht.
Golde hat Fehler gemacht. Golde hat lange geschwiegen nach dem Selbstmord von Lenz. Was aber hätte er auch sagen sollen. Es wäre alles falsch gewesen. Was Golde über die Stadtwerke-Affäöre wirklich wuste, muss noch zu klären sein. Und vielleicht ist Golde auch nicht der beste Bürgermeister der Welt. Es gibt sicherlich bessere Bürgermeister als Golde. Aber dieser Vorgang erscheint perfide. Noch dazu, wenn man sieht, wer sich daran beteiligt.

Inzwischen fordern einige Leute, die Strafe zu der Lenz inzwischen posthum verurteilt wurde (etwa 600000 Euro Strafe) zu erlassen. Dann hätte Lenz mit seinem Selbstmord ja noch erreicht, was er wollte.
Zum Helden hat sich Dietmar Lenz mit seinem Selbstmord sicherlich nicht gemacht. Nein, denn ein Selbstmord ist in den meisten Fällen einfach nur feige.
Zwar ist nicht bekannt, was er in seinem Abschiedsbrief geschrieben hat. Aber dass er sich aus seiner Verantwortung stiehlt, die Schulden und Strafen zurücklässt – nein, das finde ich nicht heldenhaft. Und den Vorgang, der sich gerade in Neuruppin abspielt, erst recht nicht.


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