SA 17.05.2025 | 21.00 Uhr | Das Erste
Österreich hat es wieder geschafft! JJ holt mit seinem Song „Wasted Love“ den Sieg beim Eurovision Song Contest 2025 in Basel.
Es war das Ende eines spannendes Abends mit vielen Überraschungen beim Voting.
JJ überzeugte vor allem die Jurys von seinem Song. Der Countertenor mit seiner hohen Stimme und dem mitreißenden, schnellen Elektrobeat am Ende befand sich auf einem (Kulissen-)Boot in Seenot – gefilmt in Schwarz-Weiß und 4:3. Auch wenn das Potenzial vielleicht noch größer gewesen wäre – am Ende hätte man das Bild aufziehen und farbig machen können -, es hat gereicht. Beim Publikum landete er jedoch nur auf Platz 4. Aber weil die Jurys ihn sehr hoch punkteten, hat es dennoch gereicht.
Und das war aus einem anderen Grund noch ganz gut. Die Entscheidung fiel beim Publikumsvoting ganz am Ende zwischen Österreich und Israel. Erstaunlicherweise konnte Israel beim Publikum so richtig punkten, und das, obwohl Yuval Raphael mit „New Day Will Rise“ eine nicht mehr als nette Ballade abgeliefert hat.
Vermutlich haben aber in diesem Moment viele Menschen echtes Herzklopfen. Was wäre passiert, wenn Israel gewonnen hätte? Man kann davon ausgehen, dass das Event damit vor einer echten Zerreißprobe gestanden hätte. Wäre es möglich gewesen, dass 2026 der ESC in Israel stattgefunden hätte (Krieg?), hätte man mit diversen Absagen rechnen müssen. Ist die Teilnahme Israels schon umstimmen, den ESC in Israel stattfinden zu lassen, hätte das Event in eine echte Krise führen können.
Schon allein deshalb werden viele durchgeatmet haben, als klar war, dass Österreich gewinnt und nicht Israel.
Eigentlich waren wir alle sowieso von einem Sieg für Schweden ausgegangen. KAJ und ihr Sauna-Song „Bara Bada Bastu“ lagen in den Wetten vorn, aber sowohl bei den Jurys als auch beim Publikum konnten sie nicht vorn mitspielen – Platz 5. Auch Erika Vikman aus Finnland blieb hinter den Erwartungen. „Ich komme“ nicht so heftig, und zwar nur auf Platz 11.
Und Deutschland? Die Erwartungen waren hoch gesteckt. Stefan Raab sprach immer davon, dass es um – und nur um – Platz 1 gehe. Avor & Tynna schafften mit „Baller“ Platz 15. Kurioserweise liegen sie im Jury-Voting auf Platz 13 und beim Publikum auf 11, insgesamt aber nur Platz 15.
Nun ist es ja so, dass es ein wenig merkwürdig ist, immer nur und ausschließlich von Platz 1 zu träumen. Dennoch ist das Ergebnis ein bisschen enttäuschend. Zwar haben wir 151 Punkte und damit mehr als 2024. Letztes Jahr waren wir aber 12., und diesmal nur Platz 15. Platz 12 oder besser hätte schon drin sein können.
Schon deshalb weil Abor & Tynna eine sehr gute Show angeliefert haben. Tynnas Stimme war auf der Höhe. Die Performance machte Spaß, und das Lied blieb im Kopf. Aber es sollte nicht sein.
In diesem Fall wirklich unverdient, aber man steckt halt nicht drin.
Manchmal liegt es aber auch an den Songs selbst. Claude aus den Niederlanden ist mit „C’est la vie“ beim Publikum durchgefallen. Sein Song fing aber auch stark an, ganz zart – aber dann singt er „Lalala“ mit einem blöden Eurobeat. So kann man ein Lied echt ruinieren.
Die Merkwürdigkeit des Jahres war übrigens im Schnelldurchlauf zu sehen: Während alle Länder die Stelle ihres Songs raussuchten, die sie für am besten halten, war im Ausschnitt von Polen die Sängerin zu sehen, wie sie ohne zu singen an einem Seil hing. Was aussah wie eine still leidende Frau, die zur Hinrichtung verurteilt und jetzt wartet. Was sich die Polen dabei gedacht haben, bleibt wohl ihr Geheimnis.
Der Auweia-Moment des Jahres: Gastgeber Schweiz bekam von den Jurys mehr als 200 Punkte – und vom Publikum genau 0. Das ist bitter und sehr unverständlich, dass das Publikum den intimen Song so sehr geschmäht hat.
Mit dem Finale des Eurovision Song Contests 2025 hat sich das SRF richtig viel Mühe gegeben. Am Anfang musste erst mal ein neuer Siegerpokal rangeschafft werden, denn Nemo hatte ihn letztes Jahr auf der Bühne aus Versehen kaputtgemacht. Ein witziger Einspieler.
Auf Celine Dion warteten die Fans allerdings vergeblich. Dass sie allerdings nur im 1. Halbfinale abgefrühstückt wurde und im Finale mit keinem Wort mehr erwähnt wurde, ist dann doch merkwürdig.
Was aber immer wieder schön ist: Der ESC pflegt seine Stars und lädt sie auch immer wieder ein. In einem Schweiz-Medley durfte Paola ihren 1980er-Song „Cinema“ noch mal singen. was wirklich rührend war. Luca Hänni war mit seinem phantastischen ESC-Hit „She got me“ von 2019 auf der Bühne. Gjon’s Tears sang noch mal Tout l’univers“ von 2021 und zeigte nebenbei, was alles möglich wäre, wenn mehr als sechs Menschen auf die Bühne dürften. Er hatte viele Tänzer dabei, die das Lied durch eine Performance weiter aufwerteten.
Später waren auch Käärijä aus Finnland und Baby Lasagna aus Kroatien auf der Bühne, die gemeinsam performten.
Einmal in der ESC-Bubble, darf man immer mal wieder vorbeikommen.
Dazu die Moderatorinnen Hazel Brugger, Sandra Studer und Michelle Hunziker, die Witz durch die Show führten. Hazel zeigte Einblicke von den Bühnentechnikern, Sandra sang noch mal ihren 1991er-ESC-Hit.
Bleibt am Ende die Frage, ob es wirklich nötig ist, dass es Jurys gibt.
Ja, ist es. Schon allein wegen der Dramatik. Erst geben die Jurys ihre Punkte, dann wird das Ergebnis noch mal durcheinandergewirbelt, was schon allein den Effekt hat, dass der Showdown wirklich ganz am Ende erreicht wird – und nicht dass der Gewinnersong schon lange während der Punktevergabe feststeht. Und ich sehe grundsätzlich nichts schlechtes daran, dass Publikum und Jury nicht übereinstimmen.
2026 kommt der Eurovision Song Contest wieder nach Österreich. Die Show bleibt also im deutschsprachigen Raum. Vienna calling?
-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 17. Mai 2026)
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