Längere Wartezeiten, mehr Störungen

Anwohnerin Kerstin Türk beobachtet eine Verschlechterung der Situation am Bahnübergang Borgsdorf

MAZ Oberhavel, 21.12.2024

Borgsdorf.
Die Bahntrasse in Borgsdorf schneidet den Hohen Neuendorfer Stadtteil in zwei Teile, und wenn die Schranken am S-Bahnhof in der Bahnhofstraße mal wieder längere Zeit geschlossen sind, dann geht erst mal gar nichts mehr.
„Wir haben vermehrt Störungen in Borgsdorf“, sagt Kerstin Türk, die im Ort lebt. Immer wieder komme es vor, dass sich die Schranken am Bahnübergang sehr lange nicht öffnen und auch im Normalbetrieb habe sie den Eindruck, dass die Schließzeiten länger geworden seien. Sie hat es sich notiert: Am 29. und 30. August sei es zu einer dieser Störungen gekommen. „Am 25. Oktober war das richtig lange, da ist sogar die Polizei gekommen“, erinnert sich Kerstin Türk.
Da habe ein Handwerker 50 Minuten am Bahnübergang gestanden. „Wir haben dann gesagt: Ruf die Polizei an!“ Ortskundige könnten in solchen Fällen über Birkenwerder und Briese fahren, „aber andere wissen das ja nicht und stehen dann dort“.
Am 19. und 20. November habe es erneut Störungen an der Schranke gegeben, ebenso am 28. November. „Was uns ärgert: Es gibt dann in solchen Fällen keine Informationen“, sagt die Borgsdorferin. „Es gibt von der Bahn keine Tafel oder kein Schild, das soll technisch nicht möglich sein, sagte man uns.“

Die Bahn hat in diesem Jahr investiert. Der Streckenabschnitt bekam neue elektronische Stellwerkstechnik, ein neues Zugsicherungssystem der S-Bahn und ein neues elektronisches Stellwerk.
Eigentlich soll diese neue Technik auch dazu führen, dass die Menschen in Borgsdorf entlastet werden. Laut Vorgabe sollten die Schranken maximal 240 Sekunden, also vier Minuten, geschlossen bleiben, hieß es im Februar bei einer Infoveranstaltung der Bahn. Aber wie das künftig sei, darüber könne sie keine Aussage treffen, so Britta Schanzer von der S-Bahn Berlin im Februar. Ziel sei es, die Schließzeiten durch das elektronische Stellwerk zu minimieren, sagte Projektleiter Semahi Patir bei der Veranstaltung. Aber garantieren ließe sich das nicht.

„Wir haben den Eindruck, dass die Schranken länger und häufiger zu sind“, sagt nun Kerstin Türk aus Borgsdorf. Das hängt auch damit zusammen, dass ziemlich viele Züge den Ort und den Bahnübergang passieren. Es fahren dort die S1, der RE5, die RB12, RB20, RB32, in den Randzeiten die RB54, außerdem ein Interregio und auch am Tage ab zu ein Güterzug. Das summiert sich.
„Falls die S-Bahn nach Oranienburg einen 10-Minuten-Takt bekommt, dann gruselt es mich“, sagt Kerstin Türk. Das würde den Borgsdorfer Bahnübergang mit sechs weiteren Zügen (drei je Richtung) noch mehr belasten.

„Grundsätzlich sind Schranken immer so kurz wie möglich und so lange wie nötig geschlossen“, teilt ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Nachfrage der MAZ mit. „Wir lassen niemanden länger warten als unbedingt nötig.“
Die Dauer der Schließzeit hänge immer von den örtlichen Gegebenheiten ab. „Jeder Bahnübergang ist vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) abgenommen und wird regelmäßig kontrolliert.“ Längere Schließzeiten seien beispielsweise bei langen Güterzügen notwendig. „Deren Fahrt ist allerdings nicht immer so vorherzusagen, etwa weil sie anderen Zügen Vorfahrt gewähren und/oder kurzfristig disponiert werden“, so der Bahnsprecher.

Fußgänger können den Bahnübergang über die Brücke, die über die Gleise führt, umgehen. „Aber die jetzige Rampe ist sehr steil“, sagt Kerstin Türk. Gehbehinderte können sie nicht nutzen, schwierig ist es auch für Leute mit Fahrrad, Kinderwagen oder Rollator.
Was aber ist mit dem Rettungswagen im Einsatz, wenn der mal vor der geschlossenen Schranke steht? Auf entsprechende Fragen hat ein Sprecher der Deutschen Bahn nicht geantwortet. „Dass es mitunter zu längeren Wartezeiten am Bahnübergang Borgsdorf kommt, ist uns bekannt“, sagt hingegen Mandy Oys, die Sprecherin der Kreisverwaltung. „Wenn der Rettungswagen aus Oranienburg aufgrund geschlossener Schranken warten muss, wird die vorgeschriebene Eintreffzeit in Einzelfällen nicht eingehalten.“
In Notsituationen könne aber der Rettungswagen aus der Wache Schönfließ in den Teil Borgsdorfs östlich der Bahnlinie ausrücken. „Dies geschieht vor allem, wenn der Bahnübergang dauerhaft nicht überquert werden kann. Darüber informiert die Deutsche Bahn den Landkreis frühzeitig“, so die Sprecherin weiter.

Zu Möglichkeiten, wie die Bahn die Wartenden über Störungen am Bahnübergang informiert, hatte der Bahnsprecher auf MAZ-Nachfrage keine Antwort. Gegenüber Anwohnern, die ebenfalls entsprechende Fragen an die Bahn schickten, waren die Antworten schon umfassender. Demnach dauere die Fahrtzeit vom Einschaltzeitpunkt des Bahnüberganges bis zur Überfahrt zwischen 116 und 157 Sekunden. Wenn während einer Schließzeit eine weitere Anforderung eines weiteren Zuges komme, würden die Schranken unten bleiben. Da es vier Gleise gibt, komme es öfter zu einer Überschneidung.
Heißt: Je mehr Züge rollen, desto öfter ist Borgsdorf betroffen. Seitens der Hohen Neuendorfer Verwaltung werden sich deshalb Gedanken über den Rettungsdienst gemacht. Die Stadt verfolge den Lösungsansatz, „den Waidmannsweg bis zur Straße Am Waldfriedhof in Birkenwerder auszubauen“, so Verwaltungssprecher Daniel Dinse nach einer MAZ-Anfrage im August. „Einsatzfahrzeuge könnten dann ohne Wartezeit den östlichen Bereich von Borgsdorf erreichen.“

Kerstin Türk wünscht sich zudem eine Erneuerung der Fußgängerbrücke mit veränderten Rampen, um den Übergang zu erleichtern. Klar ist: Der Borgsdorfer Bahnübergang bleibt ein Reizthema.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert