Wer in Hohen Neuendorf West einsteigen will, muss erst mal suchen – am Wochenende hält dort kein einziger Zug mehr
MAZ Oberhavel, 26.8.2024
Hohen Neuendorf.
Dieser Bahnhof ist gut versteckt. Google Maps kennt ihn nicht so richtig, wenn man das entsprechende Stichwort eingibt, es gibt auch keine Hinweisschilder an der Straße. Selbst wer vor dem Bahnhof steht, sieht nicht auf den ersten Blick, dass dies ein Bahnhof ist. Willkommen in Hohen Neuendorf West.
Der Bahnhof scheint wie die kleine vergessene Schwester des S-Bahnhofes zu sein. Er liegt an der am Ende der Birkenwerderstraße. Das ehemalige Bahnhofsgebäude ist privat und eingezäunt, was auch an diversen Betreten-verboten-Schildern zu sehen ist.
Links neben dem Bahnhofsgebäude führt ein Weg „Zu den Zügen“ – das steht dort auf einer blauen Tafel und ist auch der einzige Hinweis auf den Bahnhof. An einem vermüllten Grundstück vorbei geht es zum eigentlichen Bahnsteig.
Von Hohen Neuendorf West (am Gebäude steht „Hohen Neuendorf est“) fährt jede Stunde die Regionalbahn 20 zwischen Oranienburg, Birkenwerder, Hennigsdorf und Potsdam. Am Wochenende aber passiert dort gar nichts, sonnabends und sonntags fährt gar kein Zug ab.
Am Bahnsteig fahren die Züge in beide Richtungen. Allerdings ist das Hinweisschild fehlerhaft. Dort steht „Richtung Oranienburg Hennigsdorf Berlin“ – nach Berlin allerdings kommt man mit der RB20 von Hohen Neuendorf West nicht, jedenfalls nicht ohne umzusteigen.
Direkt auf dem Bahnsteig sind ein paar Fahrradständer, wer mit dem Auto kommt, findet vielleicht eine Parklücke in der Straße. Das Wartehäuschen ist mit einer Sitzgelegenheit versehen, und es gibt es sogar ein Dach. Auf einer digitalen Anzeigetafel werden eventuelle Verspätungen angezeigt.
Eine Frau, die auf den Zug Richtung Potsdam wartet, fragt, ob man darin Tickets kaufen kann. Denn direkt auf dem Bahnsteig steht zwar ein Ticketentwerter, aber kein Ticketautomat. Erstaunlicherweise steht dafür am Rand des Bahnsteiges eine Paketstation. Eine Toilette gibt es nicht, ebenso wenig die Möglichkeit, sich zu verpflegen.
Der Bahnhof feierte kürzlich unbemerkt ein Jubiläum. Vor 70 Jahren, am 10. August 1954, ging er in Betrieb. Damals wurde er eröffnet, um Hohen Neuendorf an die Züge anzubinden, die um West-Berlin herumfuhren. Früher gab es zwei Bahnsteige, der zweite befand sich auf der gegenüberliegenden Seite. Nach der Wende ist er geschlossen worden, heute erinnert daran nur noch die verwitterte Bahnsteigkante. Die dazugehörige Fußgängerbrücke wurde 2015 abgerissen.
1994/95 hielt in Hohen Neuendorf West sogar mal eine S-Bahn, die S19, die zwischen Oranienburg und Hennigsdorf unterwegs war. Es war eine sogenannte Duo-S-Bahn, die dieselbetrieben war, aber auch auf den Stromschienen fahren konnte. Inzwischen aber bedient die RB20 die Strecke.
Während das Wartehäuschen mit Graffiti beschmiert ist, macht die Schautafel mit den diversen Hinweisen zum Bahnverkehr einen sauberen Eindruck. Dass der Bahnhof dennoch ein bisschen ungastlich wirkt, hat eher mit dem etwas merkwürdigen Gesamteindruck zu tun. Immerhin ist das Gelände barrierefrei zu erreichen.
Zum Testzeitpunkt am Mittwochnachmittag kommt dann tatsächlich die RB20 angesaust, unterwegs mit zwei Triebwagen. Zwei Personen steigen in Hohen Neuendorf West ein, niemand steigt aus. Kaum hat der Zug den Bahnsteig verlassen, kommt auch schon ein Güterzug angefahren.
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