Florian Schroeder: Unter Wahnsinnigen – Warum wir das Böse brauchen

Normalerweise steht der Kabarettist Florian Schroeder auf der Bühne, um auf zugespitzte Weise über politische und gesellschaftliche Entwicklungen zu sprechen. Seine Auftritte sind immer sehr gut besucht.
Für sein Buch „Unter Wahnsinnigen“ hat er sich mit verschiedenen Facetten des Bösen beschäftigt.

Damit schaffte es Schroeder auch in die Schlagzeilen. Denn für eines der Kapitel im Buch traf er auch immer wieder Martin Sellner, Rechtsextremist und Akteur der Identitären Bewegung, und auch den inhaftierten Neonazi und Holocaust-Leugner Horst Mahler.
Schroeder hat sich mehrfach mit Sellner unterhalten, er war mit ihm auf Veranstaltungen der Rechtsextremen. In den fünf Jahren der Begleitung konnte Schroeder auch beobachten, wie es den Rechtsextremen gelungen ist, mit ihren Ansichten, Stichworten und Sprüchen in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen.
Wäre das Buch die ganz große Story über die Rechtsextremen gewesen, eine tiefergehende Bestandsaufnahme, wäre das sehr spannend gewesen. Immerhin ist das Kapitel über die Rechtsextremen das Interessanteste. Aber dafür, dass sich Schroeder so viel Mühe gegeben hat, so viel Zeit reingesteckt hat, ist es immer noch eher relativ an der Oberfläche kratzend. Das hätte mehr Potenzial gehabt.

Stattdessen geht es in anderen Kapiteln um einen Mann, der zwei Frauen gleichzeitig hat, die davon nichts wissen. Um Schizophrenie. Um Künstliche Intelligenz. Um die Letzte Generation.
Im Vergleich zum Bösen im Gewand des Rechtsextremismus oder den sexuellen Missbrauchs wirken diese Kapitel dann etwas befremdlich. Sicherlich sind Fremdgänger zu kritisieren, aber im Vergleich zum wirklich Bösen fragt man sich dann schon, ob das wirklich passend ist – auch die Leute im Buch auch tatsächlich alle auf ihre Art wahnsinnig sind.
Und auch das muss man feststellen: So grundsätzlich interessant letztlich die meisten der Themen im Buch sind – so richtig neue Erkenntnisse gibt es eher selten. Weniger Sammelsurium, mehr Konzentration auf ein oder zwei Themen – das wäre vermutlich tiefgründiger gewesen.

Florian Schroeder: Unter Wahnsinnigen – Warum wir das Böse brauchen
dtv, 303 Seiten
5/10


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