Die Rückkehr der DDR-Agitation

Die guten Russen, der böse Westen. Na, wo haben wir das schon mal gehört?
Richtig! In der DDR!
In der DDR bekamen wir immer und wieder immer die Freundschaft zur Sowjetunion eingetrichtert, und außerdem, dass der Westen in jeglicher Hinsicht schlimm sei, und natürlich besonders die Amis.
Wir haben das in der Schule gehört, natürlich in der Aktuellen Kamera und ganz besonders in Karl-Eduard von Schnitzlers „Der schwarze Kanal“.
1989/90 waren wir froh, dass die Zeit vorbei ist.

2024 habe ich den Eindruck, dass diese Zeit zurückkommt. Dass die Leute wieder da sind, die uns das Märchen vom guten Russen und vom bösen Ami erzählen. Und die Leute, die das willig glauben.

Am Sonnabend war ich am Bahnhof in Velten, wo eine Kundgebung des „Compact“-Magazins stattfand. Das Magazin ist laut Verfassungsschutz gesichert rechtsextrem.
Und die Rechtsextremen hetzen nicht nur zum Thema Ausländerkriminalität und pushen ein entsprechendes Thema in Velten hoch, das es in dieser Dimension gar nicht gibt.
Die Rechtsextremen locken die Menschen mit Propaganda, die erstaunlich stark an DDR-Zeiten erinnert.

Auf der Demo waren deutsch-russische Flaggen zu sehen, außerdem Friedenstauben und der Spruch „Ami go Home“. Der Frieden und die Nähe zu Russland und Putin sowie das Versagen der deutschen Regierung waren die vorherrschenden Themen. „Die blaue Welle“ heißt die Veranstaltungsreihe, mit dem „Compact“ in Wahlkampfzeiten in mehreren deutschen Orten auftreten will. Auch wenn „Die blaue Welle“ nicht nur optisch, sondern auch inhaltlich eine klare Nähe zur AfD darstellt, wird eine Wahlkampfunterstützung offiziell bestritten.

„Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer, der zu den zentralen Akteuren der neurechten Szene gehört, schickte einen „herzlichen Druschba-Gruß nach Russland“, auch auf die Krim, „ins alte russische Land“. Er klng wie einst Erich Honecker. Elsässer sagte, er sei ein Putin-Unterstützer, Putin tue etwas für sein Volk und werde dafür vom Westen gehasst. Doris von Sayn-Wittgenstein (AfD) sagte: „Russland ist mein Feind nicht.“ Robert Farle, früheres Mitglied der AfD-Fraktion im Bundestag und jetzt fraktionslos, sagte, die Mehrheit der Russen stünden hinter Putin, das hätten auch die Wahlen gezeigt. Klar, die Wahlen, die gar nicht manipuliert waren. Farle sagte auch, niemand könne gegen die Atommacht Russland gewinnen, das Kriegsziel sei nicht erreichbar. Die ukranische Staatschef Selenskyj hingegen sei verantwortlich für die Toten in dessen Land.

Es ist eine ziemlich widerliche Täter-Opfer-Umkehr, die da passiert. Und die scheinbar von den Leuten vor der Bühne gutgeheißen wird.
„Frieden schaffen ohne Waffen“, heißt es auf einem Plakat, womit die Rechtsextremen auf eine widerliche Weise die Parolen der echten Friedensbewegung für sich in Anspruch nehmen.
Antworten geben sie auch nicht – zumindest in der Hinsicht, was man denn stattdessen machen solle. Soll die Ukraine kapitulieren, weil es eh keinen Sinn macht? Nur mal angenommen, Russland greife Deutschland an – sollen Deutschland und seine Verbündeten das auch schulterzuckend hinnehmen? Soll Ostdeutschland dann russisches Gebiet werden, und wir sollen uns freuen, weil ja Russland eh nicht besiegbar ist?

Medien werden als Staatsmedien diffamiert, die nur der Regierung nach dem Mund reden (was ja Quatsch ist), man solle lieber alternative Medien lesen, wie André Poggenburg sagte, der wohl sogar der AfD zu extrem rechts war. Er ist jetzt parteilos.

Es war das reinste Gruselkabinett, was da in Velten auftrat. Noch mehr gruselig ist aber, dass immer mehr Menschen darauf reinfallen und sich scheinbar – bewusst oder unbewusst – nach der DDR zurücksehnen.


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