Kremmener Lieblingsorte, Teil 1: Mit Schulleiterin Annette Borchert am Linumhorster Ortsrand
MAZ Oberhavel, 25.7.2023
Linumhorst.
In unserer Serie über Kremmener Lieblingsorte zeigen neun Menschen aus der Stadt, wo sie sich am liebsten aufhalten. Dort kommen sie dann mit MAZ-Reporter Robert Tiesler ins Gespräch. Annette Borchert, die Leiterin der Goethe-Grundschule in Kremmen, lud nach Linumhorst ein.
Wir sitzen hier auf einer Bank am Rande von Linumhorst, zwischen Ortseingang von Rhinbrücke, und schauen auf ein weites Feld, im Hintergrund sieht man Heuballen. Warum treffen wir uns hier?
Annette Borchert : Ich habe mich gefragt: Was macht meinen Lieblingsplatz aus? Da war schon klar: Der Platz muss ruhig sein. Hier muss ich abschalten können. Ziemlich geräuscharm, maximal Vogelgezwitscher und Wind. Er muss grün sein. Ich liebe es draußen in der Natur. Und ich sitze schon in meinem Beruf viel zu viel. Ich leide täglich unter Bewegungsmangel. Deshalb war es schwierig zu sagen, ich gehe raus in Kremmen und finde da gleich einen Platz, wo ich Lust habe, mich hinzusetzen. Da fiel mir ein, dass ich erst einen Platz finde, wenn ich mich ein bisschen bewegt habe. Als Sportart kommt da bei mir nur das Fahrradfahren und Spazierengehen in Frage. Ich nutze die Ferien, um ein paar Radtouren zu haben. Eine meiner Lieblingsradtouren ist von Kremmen den Plattenweg nach Linumhorst, dann hier zur Bank und zur Brücke.
Was mögen Sie hier besonders?
Den Blick ins Luch, diese Landschaft, diese alte Brücke, die so wie verwunschen ist.
Wie oft sind Sie denn hier?
Dreimal im Jahr. Frühling, Sommer und im Herbst. Wenn ich Zeit habe für eine entspannte Radtour, wo ich nicht auf die Uhr gucken muss. Meistens hänge ich dann irgendwelchen Gedanken nach und gucke dabei in die Landschaft.
Gibt es noch andere Plätze, die so ruhig und grün sind?
Ich fahre manchmal Richtung Sommerfeld, am Chausseehaus den Weg rein, durchs Luch, wo man dann bis nach Wall kommt. Da ist die Landschaft ähnlich.
Das ist ein großer Kontrast. Hier die Ruhe, und in Ihrem Job ist es ja ganz oft laut und quirlig. Wie wichtig ist es Ihnen, dann auch mal abzuschalten?
Ganz wichtig. Ich lebe auch zu Hause so. Bei mir gibt es kein Radio, wenig Fernsehen. Wenn ich nach Hause komme, bin ich auch geräuschempfindlich. Meine Familie findet das oft gar nicht so gut. Aber das ist einfach wichtig, als Gegenpol zu meiner Arbeit, mir solche Ruhephasen zu schaffen. Ich liebe die absolute Stille. Wenn ich nicht hier unterwegs bin, zieht es mich ans Meer, und dann sitze ich auch am Meer. Nur sitzen, stundenlang unterm Schirm, und ich schaue aufs Meer.
Seit wann sind Sie Schulleiterin?
Das sind 19 Jahre. 1986 habe ich angefangen, dann war ich erst lange Lehrerin an der Schule.
Sie haben Ihre ganze Berufslaufbahn in Kremmen an der Grundschule verbracht.
Ja, ich war noch nie woanders. Das ist eine Vita, die kommt heute nicht mehr so oft vor. Aber ich habe mich nie gelangweilt, ich war nie an einem Punkt, wo ich gesagt habe, jetzt fällt mir nichts mehr ein. Ich habe immer ein neues Betätigungsfeld gefunden. Es kommen ja auch immer neue Leute mit neuen Ideen. Sie sind fitter mit den neuen Medien. Das ist auch für mich spannend, solche Sachen zu begleiten. Bin bin jetzt 36 Jahre in der Schule, und die 40 werde ich schon noch voll machen.
Was machen Sie anders als andere?
Mache ich was anders? (überlegt) Ich glaube, ich habe eine gesunde Mischung aus Emotionalität, aus Herzblut und Sachebene.
Haben sich die Kinder in den fast 40 Jahren verändert?
Den Kindern kann immer noch mit den gleichen Sachen eine Freude machen. Das kann mal ein Ei sein oder mal keine Hausaufgabe geben. Sie sind auf eine Art schon anders. Es gibt viel mehr Kinder, die Probleme mit der Sprache und mit der Konzentration haben. Aber ein ganz großer Teil ist gesund entwickelt, lernt gut, ist leistungsstark. Schwierig wird es, wenn man manchmal eingreift beim Thema gesundes Frühstück. Durchzukriegen, dass wir sagen, wir wollen zum Frühstück keine Süßigkeiten in der Brotbox haben. Wir möchten ein Brot haben, Gemüse oder ein Stück Apfel. Da fühlen sich dann manche Eltern schon gleich bevormundet. Letztendlich sind die Eltern die Nummer 1 in der Erziehung, und man kann immer nur beraten.
Macht Ihnen das Unterrichten mehr Spaß oder das Leiten der Schule?
Das Unterrichten strengt mich nicht an. Da bin ich wirklich mal dichter an den Kindern dran. Mit meiner Erfahrung fällt mir das leicht. Das strengt mich nicht an wie meine andere Tätigkeit mit den vielen, vielen Aufgaben. Ich bin immer mehr Lehrerin geblieben als Schuldirektorin. Aber das wird manchmal ein bisschen schräg diskutiert, weil die Belastung der Schulleiter viel zu hoch ist. Wir arbeiten immer über unsere Kräfte hinaus. Ich merke auch, was meine Lehrer leisten, ich bin da an der Basis. Würde ich nur am Schreibtisch sitzen, würde ich auch den Blick verlieren für das, was meine Kollegen da leisten.
Womit kann man Ihnen eine Freude machen?
Persönlich ist es schwer, mich zu beschenken. Es sind eigentlich die kleinen Sachen, die auch zufällig passieren. Ich habe eigentlich alles, ich bin rundherum glücklich, deshalb sind es die kleinen Sachen am Wegesrand.
Gibt es Hobbys, für die Sie noch Zeit haben?
Also wirklich nur mein Garten – und Lesen. Ich lese gerade einen Krimi, aber den muss ich von vorn anfangen, weil ich jetzt drei Wochen nicht gelesen habe. Und stricken ist wieder ein bisschen aufgekommen. Ich habe mit großer Leidenschaft im Winter Socken gestrickt.
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