Die dicke Tilla

MO 29.05.2023 | 9.45 Uhr | mdr-Fernsehen

Es gibt Filme, die bleiben aktuell. Die altern kaum. Die erzählen Geschichten, die man heute genauso wieder erzählen könnte.
So ein Film ist „Die dicke Tilla“ aus der DDR von 1981. Er lief am Pfingstmontagvormittag im mdr-Fernsehen.

Tilla gibt in der 5. Klasse den Ton an. Sie ist die Klassenbeste, die Stärkste, und sie hat eine große Klappe. Widersprechen sollte man ihr besser nicht.
Das muss auch Anne feststellen, als sie neu in die Klasse kommt. Es ist schnell klar: Die beiden können sich nicht leiden, und insbesondere Tilla will Anne zeigen, wer hier das Sagen hat. Sie schikaniert Anne, und sie hetzt die Mitschüler gegen sie auf.
Aber Anne lässt sich davon nicht entmutigen, sie stellt sich den Attacken von Tilla in den Weg.

„Die dicke Tilla“ gehört wohl zu den bedrückendsten Kinderfilmen der DEFA. Denn das Thema, um das es hier geht, ist sehr ernst, und das werden auch die Kinder heute noch spüren.
Da gibt es Tilla, ein Mädchen, das über allen steht. Heute würde man von Mobbing sprechen. Tilla macht Anne runter, sie beschimpft sie, beklaut sie, schlägt sie. Interessant dabei: Der Film zeigt auch, warum Tilla vermutlich ist wie sie ist: Sie lebt ohne Mutter, und ihr Vater und ihre Zwillingsbrüder buttern sie auch ständig unter. Sie gibt den Frust auf bitterböse Weise weiter.
Aber der Film zeigt anhand von Anne auch: Kämpfen lohnt sich. Anne ist ein wahnsinnig mutiges Mädchen. Sie stellt sich Tilla und auch den anderen. Sie zeigt ihre Angst, aber auch, dass sie sich nicht einschüchtern lassen will. Und natürlich wird ein Ausweg gezeigt.

Es scheint, als wäre der Film gerade für DDR-Verhältnisse sehr offen. Es ist eben nicht die schöne, heile Welt, die uns dort gezeigt wird. „Die dicke Tilla“ ist erstaunlich schonungslos und ehrlich.
Und noch etwas fällt auf: Der Film ist auch deshalb so zeitlos, weil dem Film jegliche Parteipropaganda fehlt. In der Schule trägt niemand Pionierkleidung, die SED spielt keine Rolle – es ist der blanke Alltag. Übrigen realistischer als sonst, denn im normalen Grundschulalltag hat niemand ständig über die Pioniere und den Sozialismus geredet. Dennoch wollte man in diesem Film ganz offenbar die schlechte Seite der Gesellschaft zeigen – und die hatte natürlich nichts mit der Partei und dessen Organisationen zu tun.
Das tut dem Film, mehr als 40 Jahre nachdem er im Kino lief, sehr gut. Man kann ihn ohne Weiteres auch heute noch diesen sehr sehenswerten Film zeigen. Sie können einiges lernen.

-> Der Film in der ARD-Mediathek (bis 28. Juni 2023)


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

16 Antworten zu „Die dicke Tilla“

  1. RT

    Nein. War es nicht wirklich. Jedenfalls nicht im Alltag. Das ist ja, wie erwähnt, ein wenig das Besondere an diesem Film: Er ist näher am Alltag als andere Filme, so die sozialistische Note stärker ausgeprägt ist. Hier spielt sie kaum eine Rolle.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert