Leute, Leute: Saisonstart in Schwante wird begleitet von großen Sorgen um die Kultur

Am 30. April findet das erste Konzert des Jahres beim Musik- und Theaterverein Oberkrämer in Schwante statt – bis Jahresende sind neun Veranstaltungen geplant – schwierige Zeiten für die Branche

MAZ Oberhavel, 26.4.2023

Schwante.
Es sind nicht so gute Zeiten für Kultur. Wenn am kommenden Sonntag beim Musik- und Theaterverein Oberkrämer (MTO) in Schwante die neue Konzertsaison beginnt, dann ist das durchaus auch von Sorgen begleitet.
„Es ist ganz wichtig, dass in Schwante weiterhin Kultur zu haben ist“, sagt Sigrid Simon-Glinka, die bei den Veranstaltungen immer helfend dabei ist. „Deswegen haben wir Jochen auch ganz doll zugeredet.“ Jochen Wermann ist nicht nur Kassenwart im Verein – er ist derjenige, der das Programm zusammenstellt und im Grunde der Macher von allem ist.
Wegen eines Krankheitsfalls in der Familie hätte er die Saison fast abgeblasen. Aber nicht nur deshalb: Weil alles immer teurer wird, weil deshalb viele Menschen ihre Ausgaben für Kultur einschränken, könnte es passieren, dass der Verein am Ende der Saison draufzahlen muss. Kultur lohne sich vielerorts nicht mehr – und ist für die Veranstalter jedenfalls immer öfter nicht mehr zu finanzieren. „Ganz schwierig war es aber dann doch nicht“, ergänzt Sigrid Simon-Glinka. „Du hast ja auch viel Zuspruch von den Leuten bekommen“, sagt sie in Richtung von Jochen Wermann. Der nickt. „Gerade Leute, die nicht nach Berlin fahren, sagen: Wenn du dicht machst, ist gar nichts mehr.“

Dass nichts mehr wäre, stimmt zwar nicht ganz, aber der MTO sorgt in Schwante vor allem dafür, dass die Klassik dort eine Heimat findet, Konzerte mit besonderen Menschen – und das alles im schön gestalteten, lauschigen Garten des Vereins Am Wasserturm 2. „Es ist für so ein Dorf wie Schwante eine ganz tolle Möglichkeit, Kultur zu erleben, ohne sich lange ins Auto zu setzen“, erzählt Sigrid Simon-Glinka. Es kommen aber nicht nur Menschen aus Schwante und Oberkrämer, auch aus Oranienburg oder Berlin.

Erst Corona, dann der Ukraine-Krieg mit den großen Preissteigerungen in vielen Bereichen – viele Kulturbetriebe müssen aufgeben. Jochen Wermann beschreibt den Kreislauf, der sich entwickelt: „Einerseits hatten wir zwei Corona-Jahre“, erklärt er. Theater mussten schließen, die Leute entdeckten noch mehr als vorher schon das Streaming zu Hause. „Die Leute haben ihren Lebensrhythmus umgebaut, aufs Ausgehen verzichtet.“ Und nicht nur das: Viele Menschen, die in der Kulturbranche gearbeitet haben, zum Beispiel in den technischen Bereichen, haben sich währenddessen neue Jobs gesucht.
Mit dem Ukraine-Krieg kamen die Preiserhöhungen hinzu. „Die Lebenskosten sind jetzt ganz andere, die Künstler haben teilweise ganz andere Gagenvorstellungen.“ Hinzu kommen zum Beispiel die Energiepreise. Ein Problem, das nicht nur die Veranstalter, sondern auch die Besucher haben. „Viele sind kurzentschlossener geworden“, sagt Jochen Wermann. „Sie fragen sich: Können wir uns das leisten? Wollen wir uns das leisten?“ Jetzt kämen langsam die Abrechnungen für Energie und Heizung. „Erst danach werden viele wissen, wo sie stehen. Das Damoklesschwert hängt über vielen, die sich nun fragen: Was kommt da.“ Dabei gehe es um die Kunstschaffenden und die Kunstkonsumenten – alle seien sie betroffen.

Am Sonntag, 30. April, beginnt die Konzertsaison beim MTO in Schwante um 16 Uhr mit Andrej Hermlin und seinem Swing-Dance-Orchestra. Dazu gibt es ein großes Gartenfest. Der Eintritt kostet 25 Euro – unverändert. Auch die 20 Euro, die alle anderen Events beim MTO kosten, sind unverändert geblieben, trotz steigender Preise. „Ich hatte überlegt, für die Hermlins 35 Euro zu nehmen“, erzählt Jochen Wermann. „So günstig kann man die Band ja nirgendwo erleben. Das weiß ich.“ Er hatte sich dennoch gegen die Preiserhöhung entschieden.

Für Jochen Wermann und den Musik- und Theaterverein Oberkrämer kommt es dieses Jahr drauf an. Kommen zu wenig Menschen – lohnt sich das dann noch? Müsse er zu sehr drauflegen, dann war’s das. Und das, obwohl er und sein Team – dazu gehört auch der Vereinsvorsitzende Heinz Wermann – sehr viel Herzblut in die Veranstaltung der Konzerte reingelegt haben. „Wenn ich hier nur Mieter wäre, dann wäre längst dicht“, sagt Jochen Wermann. „Letztes Jahr ging’s noch.“
Alle drei Wochen – mit Sommerpause – sollen bis Anfang Dezember neun Konzerte stattfinden. Los geht es mit den Hermlins, die nicht das erste Mal in Schwante zu Gast sind. „Die sind ganz großes Kino.“ Jochen Wermann hofft auf gutes Wetter. „Geplant ist es als Gartenkonzert.“
Natürlich gibt es wieder die hausgemachten Torten, Suppe und ein Lagerfeuer. „Draußen Klassik zu erleben, ist schon schön, wenn die Vögel zwitschern, das ist eine ganz eigene Atmosphäre.“ Heinz Wermann ergänzt: „Manche kommen nur wegen des Gartens zu uns.“

Auch der Filmclub Oberkrämer soll in diesem Jahr fortgeführt werden. Angeboten werden Filmkurse für Kinder und Jugendliche. Dafür will Jochen Wermann auch wieder mit Schulen in der Region Kontakt aufnehmen.

Alle Konzerte (außer Hermlin) kosten 20 Euro. Reservierungen unter 01520/71777 72 oder E-Mail: kontakt@musikundtheaterverein.de.


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