Der Sommerfelder Jürgen Nikolaizik erzählt von bitteren Erfahrungen mit einem betrügerischen Finanzunternehmen – Verbraucherzentrale warnt eindringlich
MAZ Oberhavel, 18.4.2023
Sommerfeld.
Am Ende waren es 5250 Euro, die Jürgen Nikolaizik verloren hat. Laut Verbraucherzentrale gibt es Fälle, bei denen die Betroffenen einen Betrag im sechsstelligen Bereich verlieren. Da aber hat der Sommerfelder immerhin schnell genug die Notbremse gezogen. Klar ist aber auch: Er ist auf eine miese Masche reingefallen, vor der die Verbraucherzentrale eindringlich warnt.
„Alles begann im Internet“, erzählt Jürgen Nikolaizik. Am Schluss der Werbung eines Finanzunternehmens haben viele Leute von ihren großen Gewinnen mit Kryptowährungen geschwärmt. „Obwohl ich schon ein hohes Alter erreicht habe und auch über einige negative Lebenserfahrungen verfüge, bin ich trotzdem darauf reingefallen“, so der Sommerfelder.
„Mein Einstieg waren 250 Euro. Es meldete sich ein sehr freundlicher Portofoliomanager, der mir nach Bekanntgabe meiner Code-Nummer auf der Mastercard die Log-In Daten mitteilte. Gleichzeitig wies er darauf hin, wer der künftige Betreuer für ihn sei. Alle Namen hat Jürgen Nikolaizik noch vorliegen. Sein neuer Portfoliomanager meldete sich kurzfristig telefonisch „und bedankte sich zunächst für die Einzahlung. Gleichzeitig sandte er mir per E-Mail eine Software, mit der man sich einen Kontoüberblick verschaffen konnte. Von der Anlage her machte das eine sehr akzeptablen Eindruck.“
Der Manager habe seine Betreuungspflicht vorwiegend darin gesehen, den Sommerfelder wöchentlich anzurufen und dabei auf den erzielten Gewinn hinzuweisen. Daraufhin sollte er noch einen größeren Betrag einzahlen, „weil ja dann der Gewinn viel, viel höher ausfällt.“ Und tatsächlich: Zu einem bestimmten Zeitpunkt war unter der Rubrik „Saldo“ ein Betrag von 2794,93 Euro – statt der anfangs eingezahlten 250 Euro – eingetragen. „Nach langer Agitation erklärte ich mich bereit zu einer weiteren Einzahlung. Daraufhin erhielt ich per E-Mail ein Schreiben.“
Es ging in der Mail um die Verwaltungssysteme. Es gab das Verwaltungssystem A (Silber) mit einer Gesamtgröße der Investition in Höhe von 50.000 Euro, das Verwaltungssystem B (Gold) mit einer Investitionsgesamtgröße von 250.000 Euro und das Verwaltungssystem C (Platin) mit bis zu 500.000 Euro. „Für alle Systeme waren hohe erwartete Renditen und ein maximales Risiko von zehn Prozent ausgewiesen“, so der Sommerfelder.
Der Portfoliomanager animierte Jürgen Nikolaizik Verwaltungssystem A zu wählen oder mindestens 20.000 oder 10.000 Euro einzuzahlen. „Ich bot zunächst 5000 Euro Einzahlung an, was nach kurzer Rücksprache mit dem Chef, der zufällig neben ihm stand, bewilligt wurde. Jetzt trat der nächste Portfoliomanager in Erscheinung. Er forderte eine Kopie vom Personalausweis und übermittelte mir die Bankverbindung für die Einzahlung.“ An der Stelle wunderte sich der Sommerfelder, dass der Empfänger eine Vier-Mitarbeiterfirma aus Vilnius in Litauen war. „Mein Betreuer zerstreute meine Bedenken intensiv.“
Am 6. März war der Kontostand laut Saldo bei 2794,93 Euro und damit das Eigenkapital bei 7794,93 Euro. „Von meinem Betreuer wurde ich intensiv dazu aufgefordert noch mehr Geld einzuzahlen, weil bekanntlich der Gewinn dann viel höher ausfällt.“
Sieben Tage zuvor hat der Senior um eine Auszahlung von 555 Euro gebeten. „Ich wollte aus Gründen der Sicherheit damit überprüfen, wie man darauf reagiert, bevor weitere Einzahlungen von mir erfolgen. Zugesagt hatte man mir zuvor, dass spätestens innerhalb von drei Tagen der gewünschte Betrag auf mein Konto überwiesen wird. Dem war nicht so!“
Er habe bis zum besagten 6. März gewartet, weil er an diesem Tag einen Telefontermin mit seinem Manager hatte. „Das Gesprächsthema war nur der gewünschte Auszahlungsbetrag von 555 Euro.“ Dieses Gespräch sei seitens des Portfoliomanagers in sehr aggressiver Weise geführt worden. „Das Ergebnis dieses Gesprächs war, dass mein Betreuer die Auszahlung ablehnte. Daraufhin verlangte ich noch am selben Tag per E-Mail die Auflösung meines Kontos und die Auszahlung des mir zustehenden Anteils. Insgesamt wurden von mir 5250 Euro eingezahlt.“
Eine Stunde später erhielt er einen Anruf von einer Londoner Nummer. Es meldete sich eine Person, die sich als Chef des Managers ausgab. „Der Chef entschuldigte sich für das Verhalten und bot an, dass er künftig die Betreuung für mich übernehmen würde, wenn ich die Kontoauflösung zurücknehme. Nach langer Diskussion dies zu tun blieb ich bei meiner Forderung der Kontoauflösung.
Zwei Tage später sei dann der Kontostand in den Minusbereich gerutscht: Saldo -4986,31 Euro und das Eigenkapital bei 13,69 Euro. „Und das, obwohl sie ja als die zuverlässigste Kryptowährung angepriesen wird.“
Sein Resümee: 5250,00 Euro Verlust. „Alle vollmundigen Versprechungen der Portfoliomanager haben sich als unwahr herausgestellt. Im Nachhinein muss man annehmen, dass der Saldobetrag manipulierbar ist und nur als Lockmittel dient.“ Und er sagt auch: „Vorsicht bei Kryptowährungen.“
Klar ist allerdings auch: Der Sommerfelder ist auf Betrüger reingefallen. Zu dieser klaren Einschätzung kommt Erk Schaarschmidt von der Verbraucherzentrale in Potsdam. Es hat in der vergangenen Zeit bei der Verbraucherzentrale nur zwei Kunden gegeben, die ein echtes Trading-Depot hatten. Alles andere sei Fake gewesen. Dabei sei auch egal, wie die Firmen hießen: „Namen sind Schall und Rauch“, so Erk Schaarschmidt weiter. Er geht sehr davon aus, dass auch Jürgen Nikolaizik gar kein echtes Trading-Depot hatte. „Wir hatten Leute bei uns, die haben bei solchen Aktionen sechsstellige Beiträge versenkt.“
Oft fallen die Menschen auf unseriöse Anzeigen rein, in denen Prominente angeblich von ihren Erfolgen mit Kryptowährungen berichten. Diese Anzeigen stehen auf vielen Internetseiten. Die Promis selbst – zum Beispiel Markus Lanz – wissen selbst gar nichts davon, haben entsprechende Interviews nie gegeben. „Es ist eine Lüge“, so Erk Schaarschmidt von der Verbraucherzentrale.
„Es werden Gewinne vorgetäuscht, und man wird dazu verleitet, noch mehr Geld einzuzahlen. Und wenn man was ausgezahlt haben will, wird man hingehalten.“ Der Fall aus Sommerfeld sei absolut exemplarisch. „Die meisten Zahlungen gehen ins Ausland.“ Oft nach Estland, in die Schweiz, nach Großbritannien, Litauen und andere Länder. „Da ist oft keine Chance, das Geld zurückzuholen.“ Interpol reagiere zwar und sperre die Konten, „aber es ist ein einziger Kampf“, so der Experte der Verbraucherzentrale.“ Spätestens wenn es darum gehe, Geld ins Ausland zu überweisen – zu sehen an den Länderkennungen in der IBAN – sollten alle Alarmglocken schrillen.
Auch wenn die Chance klein sei, das Geld zurückzubekommen: Die Verbraucherzentrale rät unbedingt, auch die Polizei einzuschalten. „Nur so besteht die kleine Chance, das Konto zu knacken und die Leute zu finden.“ Es solle alles zur Anzeige gebracht werden, auch damit Polizei und Gesetzgeber überhaupt von solchen Handlungen erfahren würden und entsprechend handeln könnten. Und auch, um andere Menschen vor solchen Geschäften zu warnen.
Für den Sommerfelder ist das sicherlich kein Trost – mit seinen 5250 Euro ist er aber vergleichsweise glimpflich davongekommen.
5250 Euro sind futsch
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Kommentare
3 Antworten zu „5250 Euro sind futsch“
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Ich empfehle den Youtube Kanal „Callcenter Fun“.
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😀
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Da geht es auch um Krypto-Betrüger, u.a. im jüngsten Video.
Sehr unterhaltsam!
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