Bäckerei Plentz: Investitionen in schwierigen Zeiten

Aussagen von Wirtschaftsminister Habeck zu Insolvenzen sorgen für Aufruhr in der Branche – 2020 Energie für drei Jahre gekauft – in Schwante wird investiert

MAZ Oberhavel, 9.9.2022

Schwante.
Es sind bewegte Zeiten – auch für den Mittelstand in der Region. Die Äußerungen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) zu möglichen Insolvenzen und zu Bäckern die möglicherweise erstmal nur aufhören zu produzieren, hat in der Bäckerei-Branche zu großer Aufregung geführt. Auch in der Bäckerei Plentz in Schwante führte der Auftritt des Politikers am Dienstagabend bei „Maischberger“ zu firmeninternen Diskussionen. „Da gibt es wirklich einen Aufschrei in der Branche, weil wir ja auch explizit genannt worden sind.“
Karl-Dietmar Plentz ist auch Vorstandsmitglied der hiesigen Bäckerinnung. Diese hat sich mit einem Brief an Robert Habeck gewandt. „Wir sind nicht BMW oder Mercedes, die in einer Finanzkrise die Produktion drosseln oder einstellen und den Kunden auf einen späteren Auslieferungstermin vertrösten können“, heißt es darin. „Brotessen wird nicht im Februar nachgeholt!“ Zum einen werde es den Bäcker dann nicht mehr geben, denn er werde tatsächlich insolvent, weil laufende Kosten weiter die Kassen leeren und nach mehr als zwei Jahren Corona auch kein Puffer vorhanden sei. „Wir haben ihm einen Dialog angeboten“, so Karl-Dietmar Plentz am Donnerstag.

Angesichts der gestiegenen oder zu erwartenden Energie- und Rohstoffpreise und auch wegen der Kaufzurückhaltung in der Bevölkerung würden im Bäckerhandwerk in den kommenden Monaten Insolvenzen drohen. „Wegen der Preise sind unsere Lager so voll wie noch nie“, so der Schwantener. Zum Beispiel Zucker: „Vor zwei Wochen kostete das Kilogramm noch 50 Cent, nächste Woche sind es 1,12 Euro. Da ist keine erkennbare Logik dahinter. Sicherlich auch Transportkosten, aber warum gleich mehr als verdoppelt?“ Nach Kriegsbeginn im Februar habe man in Schwante dafür gesorgt, Leinsaat oder Sonnenblumenkerne aus Osteuropa zu kaufen. „Wir haben strategisch eingekauft.“ Dennoch gebe es eine Unsicherheit in der Branche, was passiere, wenn entsprechende Verträge auslaufen. Gefordert werden finanzielle Hilfen. Am Donnerstag hatte Robert Habeck ein entsprechendes Paket angekündigt.

In Schwante habe man – allerdings unabhängig von der aktuellen Lage – vorgesorgt. Schon 2020 habe die Bäckerei Energie für drei Jahre gekauft. „Wir haben da ein bisschen gezockt, denn dadurch sind die Kosten etwas gestiegen“, so Plentz. Ralph Keidel, Assistent der Geschäftsführung, ergänzt: „Zu dem Zeitpunkt war der Preis im Tief, und es war klar, dass die Preise wieder steigen werden.“ Jetzt habe sich das als großer Vorteil erwiesen. „Das war nicht abzusehen, das sehen wir mit großer Demut“, so Plentz. Die Stadtwerke in Oranienburg seien der Partner dafür gewesen. Allerdings hätten sich das viele in der Branche nicht getraut. Deshalb sei die Situation in Schwante noch etwas entspannter als anderswo. „Durch die Gasumlage sind wir aber nicht raus aus der Nummer.“

Es seien nicht nur die Energie und Rohstoffpreise, die hohe Kostenfaktoren seien. „Der höchste Kostenpunkt sind die Personalkosten.“ Am 1. Oktober steigt der Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde. Allerdings habe man sich in der Bäckerei entschieden, diesen schon seit dem 1. April zu zahlen. „Und Stand heute scheint die Idee aufzugehen“, so Karl-Dietmar Plentz. Dafür mussten allerdings auch die Preise im Laden erhöht werden. „Es gab einen Preisanstieg bei den Backwaren, das sind uns unsere Leute wert.“
Die Resonanz sei „erstaunlich gut“, so der Bäckermeister. „Wir erleben ein großes Verständnis bei der breiten Kundschaft.“ Es seien Einzelfälle, bei denen Leute empört reagieren würden. „Der Sparsamkeitstrend ist auch da, ein paar Kunden kaufen bewusster ein.“

In Schwante blickt man dennoch vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Auf dem Gelände entsteht derzeit ein Anbau, zwischen dem bestehenden Gebäude und der ehemaligen Kirche. „Wir platzen aus allen Nähten“, so Karl-Dietmar Plentz. Es soll dann mehr Lager- und Produktionsflächen geben. Bis zum Frühjahr 2023 könnte alles fertig sein. Eine energetische Sanierung sei ebenfalls geplant. „Wir wollen 15 Prozent Gas einsparen“, erklärte Ralph Keidel. Auch eine Vergrößerung des Filialnetzes in Oberhavel sei nicht vom Tisch. Man prüfe Optionen und Angebote, so Karl-Dietmar Plentz. „Ein Ort wie Hohen Neuendorf ist für uns interessant.“ Auch eine Filiale in Bötzow ist weiter im Gespräch. Wie sich das alles konkret entwickele, könne man derzeit nicht sagen. „Aber wir fühlen uns sicher mit dem Standort, den wir hier ausbauen“, so Plentz.


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