Der Deutsche Filmpreis 2022

FR 24.06.2022 | 22.45 Uhr | Das Erste

„Lieber Thomas“ hat am Freitag bei den Lolas abgeräumt – beim Deutschen Filmpreis 2022. Und das übrigens auch vollkommen zurecht. Aber dennoch muss man feststellen: Der deutsche Film steckt in einer tiefen Krise, aber so richtig will das scheinbar niemand wahrhaben.
„Lieber Thomas“, im Spätherbst 2021 angelaufen, haben bis Ende April etwa 63.000 Menschen gesehen. Ja, nicht 6,3 Millionen, auch nicht 0,63 Millionen, sondern 0,06 Millionen Menschen.
Und damit befindet er sich leider in illustrer Gesellschaft.

Es ist richtig und gut, dass sich der deutsche Film einmal im Jahr so richtig feiert. Am Freitagabend lief die Gala im Ersten – natürlich nicht live. Selbst im Nischenprogramm war keine Live-Übertragung drin.
Andererseits: Die Zuschauerzahlen sind sehr niedrig. Und sie sind sehr niedrig, weil es in der Gala meist um Filme geht, die die meisten Leute in Deutschland gar nicht kennen. Wegen der Coronapause gibt es einerseits eine regelrechte Filmschwemme, die kaum zu überblicken ist, die kaum zu bewerben ist. Und die Kinos haben allgemein ganz große Probleme, die Menschen zurück in die Säle zu holen.

Aber das führt dazu, dass zum Beispiel in der Kategorie der besten weiblichen Hauptrolle teilweise von Filmen die Rede ist, von denen selbst ich noch nie gehört habe – und ich beschäftige mich schon sehr intensiv mit dem deutschen Film.

„Die Schule der magischen Tiere“ bekam den Preis für den zuschauerstärksten Film, bis Ende April 1,68 Millionen Leute die Kinderkomödie, und auch „Wunderschön“ schaffte (zu recht) die Millionengrenze.Aber sonst sieht es echt finster aus. Weitere nominierte Filme hatten ein überschaubares Publikum: „Große Freiheit“ sahen um die 20.000 Leute, „Toubab“ um die 12.000 Leute, die Doku „Wem gehört mein Dorf?“ etwa 6800. „Contra“ immerhin etwa 0,64 Millionen.
Zwar keine großen Erfolge, aber es fehlten auch Filme an diesem Abend, denn eigentlich waren im vergangenen Filmjahr auch „Mein Sohn“, die Doku „Die Unbeugsamen“, „Nebenan“, „Je suis Karl“, „Nahschuss“ oder „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ preis- oder erwähnungswürdig. So aber machte es den Eindruck, als habe man sich auf einen harten Kern konzentriert, und unter den Filmen alles aufgeteilt.
Klar ist aber: Der deutsche Film muss sich wieder darauf konzentrieren, sein Publikum zu finden. Viel zu viele tolle Filme gingen in den vergangenen Monaten sang- und klanglos unter.

-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 24. Juni 2023)


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