Umgewendet – Schule nach dem Mauerfall

FR 07.05.2021 | 21.30 Uhr | tagesschau24

Die Wendezeit in der DDR ist noch lange nicht auserzählt. Eine rbb-Doku, die am Montag im Ersten und am Freitagabend bei tagesschau24 lief, beleuchtet ein heute recht wenig beleuchtetes Thema im Zusammenhang mit dem Mauerfall in der DDR. Es ist aber eines, das einmal mehr zeigt, wie schwierig es ist, innerhalb weniger Wochen einen ganzen Apparat von einem System aufs andere umzuswitchen.

In der Doku „Umgewendet – Schule nach dem Mauerfall“ ist erzählt worden, wie sich Schulen und Lehrende innerhalb weniger Wochen komplett neu orientieren mussten – und mit ihnen natürlich die Kinder und Jugendlichen.
Das Schulsystem in der DDR und so ziemlich alles, was dort gelehrt worden war, war ideologisch gefärbt. Der SED-Staat gab vor, was gut und was böse zu sein hatte. In Staatsbürgerkunde war zu hören, wie böse der Kapitalismus war – Wochen später war man selber im Kapitalismus, und das Fach Staatsbürgerkunde war abgeschafft.

Lehrende wussten mitunter gar nicht, was sie den vor ihnen sitzenden Kindern und Jugendlichen nun beibringen sollen. Die Staatslehre gab es nicht mehr, und plötzlich sollten sie Philosophie lehren.
Und die Schülerinnen und Schüler hatten es plötzlich mit Lehrenden zu tun, die ihnen gerade noch was vom guten Staat DDR erzählten und nun plötzlich ganz andere Worte wählten – oftmals verbunden mit einem großen Autoritätsverlust.
In dieser Doku wurde das alles sehr anschaulich erzählt. Sie zeigt, wie schwierig es für alle Seiten war, plötzlich in einem anderen System zu arbeiten und zu lernen. Sich plötzlich mit neuen „Wahrheiten“ befassen zu müssen.

Ich war 1989/90 in der 5. Klasse, ich besuchte eine polytechnische Oberschule in Oranienburg, und plötzlich spielten Pioniere keine Rolle mehr. Plötzlich mussten wir keine Wandzeitungen mehr erstellen. Plötzlich diskutierten wir darüber, ob wir wirklich noch Russisch lernen müssen, und der Russischlehrer war sowieso unten durch. Wir bekamen einen neuen Direktor, der alte von der SED war plötzlich weg.
In der 5. Klasse war das alles noch nicht das große Problem, und ich selbst und meine Familie waren sowieso eher geprägt davon, dass wir uns über die Entwicklung extrem gefreut hatten. Aber, und das kann man nicht unter den Tisch fallen lasen, für viele ist im Herbst 1989 auch eine Welt zusammengebrochen. Gar nicht wegen des Verlustes der DDR, viel wegen Zukunftsängsten, Vertrauensverlusten und Ungewissheiten. Während die einen voller Vorfreunde auf das blickten, was da kam, waren die anderen besorgt und desillusioniert.

-> Die Doku in der ARD-Mediathek (bis 3. Mai 2022)


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