Musik gegen den Coronakoller

Familie Herrig aus Malz spielt seit Mitte März jede Woche vor der Kirchentür in Friedrichsthal – zum letzten Auftritt gibt es einen Kuchen zum Dank

MAZ Oranienburg, 25.5.2020

Friedrichsthal.
Mal ein paar Minuten Zerstreuung, ein bisschen Kultur und Besinnlichkeit in aufregenden Zeiten: Zwölfmal stand Familie Herrig aus Malz immer am Sonntagvormittag vor der Kirche in Friedrichsthal, um Musik zu machen. An diesem Sonntag das vorerst letzte Mal.
Vor der Kirchentür wurden Mikrofone aufgebaut, ein Piano, und eine Trompete war auch dabei. Tino Herrig, Kirchenmusiker in Friedrichsthal, Nassenheide, Sachsenhausen und Freienhagen, und seine beiden Söhne Paul (19) und Franz (15) haben sich jedes Mal drei Titel rausgesucht, die gemeinsamen mit den anderen Leuten gesungen werden konnten, außerdem zwei weitere Lieder.

In den vergangenen Wochen waren Gottesdienste wegen der Regeln rund um das Coronavirus nicht erlaubt. „Mitte März hat es angefangen, als alles verboten war“, erzählt Tino Herrig. „Es war die Idee unseres Pfarrers Peter Krause.“ Sie lautete: „Musik vor dem Turm“. Sie fand in Friedrichsthal mit den Herrigs statt und gleichzeitig mit Pfarrer Krause in Sachsenhausen, eine Stunde danach in Nassenheide. „Es tat mir ein bisschen weh, dass die Kirche so sang- und klanglos ihre Türen geschlossen hat, also haben wir dann nach Ideen gesucht, die in dieser Zeit auch erlaubt gewesen seien. 15 Minuten lang sollten die Leute sonntags mit Musik erfreut werden.
Reklame dafür gab es nicht – aus guten Gründen. Aber natürlich sprach sich das Friedrichsthal schnell rum. Außerdem blieben immer wieder Passanten stehen, und in den umstehenden Häusern wurden viele Fenster geöffnet. „Wir haben gemerkt, wie sehr die Sehnsucht nach etwas Gemeinsamkeit und nach dem Wort Gottes da ist, sagte Tino Herrig am Sonntag.
Gespielt worden sind Hoffnungs- und Dankeslieder. „Wir haben auch immer versucht, ein paar liturgische Sachen zu spielen und auch zeitgemäße Musik.“

Seine Kinder musste er nicht lange bitten. „Franz hat sofort mitgemacht, und dann hat Paul auch bald Ja gesagt.“ Paul hat in der Zeit auch sein Abitur gemacht, war also auch mit seinen Prüfungen beschäftigt.
Franz hat es großen Spaß gemacht, jeden Sonntag zu spielen. „Es war interessant, dass auch Leute kamen, die nicht christlich waren“, erzählte der 15-Jährige. „Musik bedeutet für mich, mich zu öffnen. Das, was man mag, kann man preisgeben.“ Ein Lieblingslied hat er nicht. „Am liebsten spiele ich aber neue Hits, die angesagt sind.“ Trompete spielt er, seit er neun Jahre alt war, anfangs an der Musikschule, inzwischen im Sachsenhausener Posaunenchor. „Ich mag den Ton, der da rauskommt“, erzählte er. Ansonsten geht er in die 9. Klasse an der Oranienburger Torhorst-Gesamtschule. Später will er am liebsten beruflich etwas mit Musik machen.

Jeden Sonntag dabei war auch Edelgard Müller. Die Friedrichsthalerin leitet das Frauenfrühstück in Malz. „Wie anders und ärmer wäre unsere Coronazeit doch verlaufen, gäbe es nicht die Familie Herrig, die uns und viele andere mit ihrer Musik immer sonntags an der Kirche Friedrichsthal erfreut hat.“ Es sei ein Ersatz dafür gewesen, dass ja sonst nicht viel los sein konnte. „Man sah mal ein paar Leute und konnte von weitem ein paar Worte wechseln“, sagte sie. Sie schrieb nicht nur einen Dankesbrief, sondern überreichte am Sonntag Tino Herrig auch eine Torte zum Geburtstag.

Pfingsten findet dann wieder eine Andacht in der Kirche statt, aber am 21. Juni soll ab 18 Uhr zur Sommersonnenwende wieder vor der Kirchentür Musik gemacht werden.


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