Lesermeinung: „Wo sollen Kinder sonst pullern?“

DO 01.09.2016 | Berliner Kurier

Das Schöne am Internet ist ja, dass jeder alles schreiben kann. Dass jeder seine Meinung kund tun kann. Gleichzeitig ist das aber auch das Schlimme am Internet.
Sarah Kuttner, zum Beispiel. Hat sich sich doch tatsächlich und unverschämterweise über Berliner Mütter beschwert, die ihre Kinder fix mal an den Baum pinkeln lassen. Weil’s ja so süß ist und es ja auch nicht anders geht, sagen die Mütter. Die REGEN SICH NÄMLICH JETZT TOTAL AUF, die EMPÖRUNG ist mal wieder groß. Wie kann es sich Frau Kuttner bloß ERDREISTEN, zu sagen, dass sie an Bäume pinkelnde Kinder doof findet und die Eltern gleich mit.

Nun kann man gern darüber diskutieren, aber leider werden solche Diskussionen eher selten wirklich sachlich geführt. Stattdessen wird gepöbelt und beschimpft – gern auch mehr oder weniger anonym in Internetforen.
Und im Berliner Kurier.
Auf der Lesemeinungsseite durften sich die Leser der Zeitung mal so richtig auskotzen. „Wenn Frau Kuttner Kinder hätte, gäbe es die Diskussion nicht“, schrieb jemand unter Pseudonym (es sei denn, Michael Randberliner heißt wirklich so). Ist eine Meinung, aber sie ist Unsinn, weil es ja eventuell sein könnte, dass Sarah Kuttner ihre Kinder, wenn sie denn welche hätte, trotzdem nicht an den Baum pissen lassen würde.
Oder: „Wenn meine Kinder pinken müssen, ist es so! Ich werde ihnen das nicht verbieten“, schreibt eine Erna Schmidt, und man fragt sich dann doch, was Eltern ihren Kinder eigentlich so beibringen und was nicht. Dass sie mit dem Pinkeln auch mal warten müssen, gehört auch dazu.
Eine Kathrin Pilakovic rief gar in der Leserbriefspalte des Berliner Kuriers dazu auf, nun doch bitte alle Kinder in Frau Kuttners Gegend laufen lassen sollen. Da muss man dann schon nach dem Niveau sehr weit unten suchen – um es nicht mal dort zu finden.

Trauriger als die Art der Diskussion ist aber, dass das so ein niveauloses, teilweise anonymes Gerquatsche im Berliner Kurier stattfinden kann. Man fragt sich erstens, was diese Zeitung bloß für Leser hat – und was für Redakteure, denen es scheinbar völlig wurscht ist, was sie da veröffentlichen.


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