Michael Tietz: Rattentanz

Und… Aus. Alles aus. Blackout. Nichts geht mehr. Gar nichts.
Kein Strom. Kein Telefon. Kein Wasser.
Und deshalb keine Computer. Kein Internet. Kein Benzin. Keine Supermärkte. Keine Züge. Keine Flugzeuge. Keine Regeln.
Stattdessen: Chaos. Gewalt. Plünderungen. Unfälle ohne Rettung. Brände ohne Feuerwehr. Hunger. Krankheiten. Anarchie.

Es ist der 23. Mai. Pünktlich um 7 Uhr endet die Zivilisation. Und niemand weiß, was eigentlich passiert ist. Es gibt keinerlei Informationen.
Im Krankenhaus in Donaueschingen geht ebenso nichts mehr wie in dem kleinen Schwarzwalddorf Wellendingen. Flugzeuge fallen wie Steine vom Himmel. Eva Seeger muss aus der Stadt raus in ihr Dorf. Es wird eine Odyssee. Aber die ist nichts gegen den Weg, den ihr Mann zurücklegen muss: Er ist in Schweden, als der Blackout passiert.
Nun geht es darum, das Leben zu sichern, vor allem Leid, vor jedem Hass, vor dem Egoismus der anderen.

Mit weit mehr als 800 Seiten ist es ein großer, langer Roman, den Michael Tietz mit „Rattentanz“ abgeliefert hat. Minutiös erzählt er die Geschichte des Blackouts. Atemberaubend berichtet er auf den ersten Seiten über den dramatischen Beginn, über die Flugzeugabstürze, über die sich entwicklende Panik. Es sind Gänsehautmomente.
Es ist ein weiter Kosmos, den Tietz aufspannt. Sein Roman ist zwar hauptsächlich auf eine Region begrenzt, aber in kleinen Zwischenkapiteln zeigt er auch die Weltentwicklung auf, die ganz ähnlich verläuft.
Sogar mein Heimatort Oranienburg kommt vor, auch hier werden Supermärkte geplündert, wie wir im Laufe des Roman erfahren. Unweit von hier, im kleinen Dorf Glambeck, rauben Reisende einen Laster mit Lebensmitteln aus.
Das Buch liest sich spannend und flüssig. Störend sind allerdings die immer wieder eingestreuten Lebensgeschichten von scheinbar unwichtigen Leuten. Nicht immer ist es notwendig, alles über alle Leute zu erfahren.
Auch kommt es, Tietz, erzählt es scheinbar beiläufig, in Frankreich zu einem Atom-Gau – der jedoch später keine Rolle spielt, was irgendwie seltsam ist.
Aber das sind nur wenige Kritikpunkte für einen ansonsten sehr gelungenen Endzeitroman über eine Katastrophe, die zwar unmöglich erscheint, hier aber Realität zu sein scheint.

Michael Tietz: Rattentanz
Ullstein, 831 Seiten
9/10


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