Vom Morgenmann zum „Schnulzenheini“

Porträt: Wolf-Dieter Herrmann moderierte 1987 das erste Sat 1-Frühstücksfernsehen – jetzt tritt der Potsdamer mit Schlagern auf

MAZ, 20.1.2011

Der heute 60-Jährige galt in den 80ern als einer der Pioniere des Privatfernsehens. Er moderierte Magazine und Shows. Jetzt singt er Schlager. Das macht ihm Spaß, sagt er.

POTSDAM
„Schön, schön, schön sind alle Frauen! Schön, schön, so schön, schön anzuschauen.“ Mit diesen Zeilen beginnt die aktuelle Single von Wolf-Dieter Herrmann. Heute tingelt er damit zu den Schlagerparaden, auf Festen oder beim kleinen Sender Volksmusik-TV. „Gesungen habe ich mit 18 schon“, erzählt der 60-Jährige. Bekannt geworden ist er jedoch als einer der Pioniere des Privatfernsehens. Er begrüßte die Zuschauer am 1. Oktober 1987 zur Premiere des Frühstücksfernsehens „Guten Morgen mit Sat 1“.

Seit 2004 lebt Herrmann mit seiner Frau Gabriele in Potsdam. Angefangen hat er jedoch nicht als Fernsehmann, sondern mit einem kaufmännischen Beruf: „Ich habe Produktionsanlagen an fleischverarbeitende Betriebe verkauft“, sagt er. Irgendwann rief er beim damaligen Rias in Berlin an – mit Erfolg: Er durfte Radio-Sportberichte sprechen. Das war 1978. Später wechselte er zu Radio Bremen. Er versuchte immer, eine spezielle Note in seine Moderationen zu bringen. „Einmal kam ich mit einem Motorrad ins Studio, um einen entsprechenden Beitrag anzusagen“, erinnert er sich. Ab 1984 gehörte er zum Team von Sat 1, dem ersten Privatsender Deutschlands, führte als Ansager durch das Programm und ab 1987 durch das Frühstücksfernsehen. „Dass ich das moderiere, habe ich erst am Abend vor der ersten Sendung erfahren“, erzählt Wolf-Dieter Herrmann. „Bis auf Genscher und Weizsäcker hatte ich alle wichtigen Politiker bei mir auf dem Sofa.“
Das derzeitige Sat-1-Frühstücksfernsehen dagegen mag Herrmann nicht mehr. Als ihn das Team 2007 zum 20. Geburtstag des Magazins einlud, sagte er ab. Zu krawallig, zu unseriös sei die Sendung heute. Als das Frühmagazin Ende 1990 von Hamburg nach Berlin umzog, stieg Herrmann aus. 1991 gab ihm Sat 1 stattdessen die Spielshow „Bingo“. Später moderierte er seine eigene Talkshow „Herrmann“. Bei der Deutschen Welle wanderte er dann wieder auf journalistischen Pfaden und wurde das Gesicht des Regionalmagazins beim inzwischen eingestellten Sender Fernsehen aus Berlin.

Letzteres Engagement führte Herrmann und seine Frau auch nach Potsdam. Auf seiner Internetseite begann er mit PotsdamFernsehen.de ein Hobbyprojekt. „Ich bin ja hier zu Hause“, sagt er. „Und ich habe Spaß an der Stadt, ich wollte mich mehr auf Potsdam konzentrieren.“ Wolf-Dieter Herrmann war für alles Journalistische zuständig, seine Frau für Kamera und Schnitt. Sie sendeten vom Tulpenfest und stellten den Beitrag ins Netz. Später interviewten sie alle Oberbürgermeisterkandidaten, berichteten über Demonstrationen und Missstände in der Stadt. „Wir hatten zum Teil sensationelle Reaktionen“, sagt er. „Hohe Klickzahlen und viele Mails.“ Und das, obwohl Herrmanns keine größere Werbung machten. „Wir hatten nur Mailinglisten. Gab es was Neues, verschickten wir E-Mails. Das hat sich offenbar herumgesprochen.“ Dies alles zu bewältigen, sei jedoch nicht immer einfach gewesen. „Die Zeit und die Kraft haben nicht mehr ausgereicht.“

Dafür, dass das Potsdam-Fernsehen weitgehend Sendepause hat, gibt es aber noch einen anderen Grund. Das zweite große Hobby von Wolf-Dieter Herrmann: der Gesang. „Mit 18 landete ich bei der Endausscheidung eines Berliner Gesangswettbewerbs auf dem zweiten Platz“, erzählt er. Ein Produzent schloss mit ihm einen Vertrag ab. „Doch ich war nicht wirklich erfolgreich“, sagt Herrmann und grinst. 2003 nahm er die Single „Silberfäden“ auf . Als er damit in Carolin Reibers Muttertagsshow auftrat, ließ ihm die Musik keine Ruhe mehr. Immer mal wieder tritt er vor Rentnern auf. „Das mache ich sehr gerne“, sagt er. „Ich bin ein Schnulzenheini“. Im Sommer war er Gast in der „Deutschen Schlagerstunde“ bei Volksmusik-TV. „Danach haben mich die Leute gefragt, ob es meine Lieder auch auf CD gibt.“ Gibt es. 16 Stücke umfasst sein Album „Schön sind alle Frauen“. Herrmann meint es ernst damit. Obwohl – ganz abgehakt hat er seine Fernsehkarriere noch nicht.


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