Lesen ist unverzichtbar

Interview: Elke Heidenreich in Potsdam

MAZ, 26.4.2010

Am Mittwoch gastiert Elke Heidenreich im Hans-Otto-Theater. Im Gespräch mit Robert Tiesler erklärt sie, womit sie sich nach dem Aus ihrer ZDF-Literatursendung beschäftigt.

MAZ: Frau Heidenreich, ich muss mich bei Ihnen bedanken. Durch Sie habe ich einst mein Abitur geschafft.
Elke Heidenreich: Das ist ja lustig!

Es ging um Ihre Kolumne „Also …“ in der „Brigitte“.
Heidenreich: Ich habe schon öfter gehört, dass zum Beispiel in Frankreich Texte von mir für Abiturklausuren verwendet werden. Viele meiner Texte sind aber auch in deutschen Schulbüchern erschienen. Darüber freue ich mich.

Auch wenn Sie momentan im Fernsehen keine Bücher mehr vorstellen: Wie viele Bücher lesen Sie eigentlich pro Monat?
Heidenreich: Jemand, der viel liest, zählt auch nicht, wie viele Bücher es sind. Lesen ist nach wie vor ganz wichtig für mich, es ist unverzichtbar. Ich bleibe auch immer an den Neuerscheinungen dran, ich versuche immer auf dem neuesten Stand zu sein. Gerade habe ich zum Beispiel die großartige Biografie über den Komponisten Hans-Werner Henze, „Rosen und Revolution“, gelesen.

Tut es Ihnen denn Leid, dass es die Sendung „Lesen!“ im ZDF nicht mehr gibt?
Heidenreich: Sagen wir mal so, unter den Bedingungen, die zuletzt beim ZDF herrschten, bin ich sie gerne los. Über den Sendetermin am späten Freitagabend war ich immer sehr verärgert, aber da hat man mir nicht geholfen. Dennoch fehlt mir die Sendung. Ich finde, sie ist mir perfekt gelungen, fast alle Bücher, die ich vorgestellt habe, landeten danach auf den Bestsellerlisten, und das bedeutet auch: Sie wurden gelesen.

Gibt es Pläne für ein Comeback im Fernsehen?
Heidenreich: Nein, im Moment arbeite ich an meiner Edition Elke Heidenreich bei Bertelsmann, das Thema ist Musik in Büchern. Damit bin ich voll ausgelastet. Jeden Monat bringe ich dort ein neues Buch heraus.

Gibt es denn noch gute Literatursendungen im Fernsehen?
Heidenreich: Wenig. Ich mag „Literatur im Foyer“ im SWR-Fernsehen. Bei Thea Dorn wird noch ernsthaft über Literatur geredet. „Die Vorleser“, meine Nachfolgesendung im ZDF, habe ich bisher nur einmal gesehen.

Und?
Heidenreich: Ach, was soll ich dazu sagen. Ein Pro und ein Contra pro Buch hebt sich gegenseitig auf, aber eben nicht so unterhaltend wie bei Löffler und Reich-Ranicki damals. Am Ende weiß der, der lesen will, nichts.

Gibt es denn ein Buch, das Sie den MAZ-Lesern ans Herz legen wollen?
Heidenreich: Ich lese gerade „Gnade“ von Toni Morrison, das finde ich sehr bewegend und gut geschrieben.

Glauben Sie, dass es auch in der digitalen Welt immer Bücher geben wird, oder werden Sie auch mal ein Buch auf dem iPad lesen?
Heidenreich: Nein, ich brauche das Blättern im Papier. Ich denke, dass die Allianz zwischen Mensch und Buch so schnell nicht aussterben wird.

Wie können wir Jugendlichen das Buch weiterhin schmackhaft machen?
Heidenreich: Indem wir ihnen gute Bücher zu lesen geben. Sie müssen fantasievoll und spannend sein. Bei „Harry Potter“ hat es ja auch funktioniert. Das Ganze muss im Elternhaus stattfinden. Lesen die Eltern, dann lesen auch die Kinder.

Am Mittwoch gastieren Sie mit Bernd Schroeder im Potsdamer Hans-Otto-Theater. Was können die Zuschauer erwarten?
Heidenreich: Wir lesen aus „Alte Liebe“. Und es wird eine ziemlich seltene Art der Lesung, nämlich in verteilten Rollen.

Im Buch geht es um ein Paar, das 40 Jahre verheiratet ist. Sie ist Bibliothekarin, er in Pension. Ist in dem Buch viel Persönliches drin?
Heidenreich: Es ist nicht autobiografisch. Aber wie bei allem, was man so schreibt, sind autobiografische Züge enthalten. Wir haben uns so auch mit den Überlegungen zum eigenen Altwerden befasst. Und das ist in unserer Generation sehr anders als noch bei unseren Eltern.


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