Ab fünf Uhr ist der Morgen schön

Falkenseer Köpfe: Radio-Eins-Frühmoderator Tom Böttcher (41) lebt seit zehn Jahren in Finkenkrug

MAZ Falkensee, 4.4.2009

Er wollte raus aus Berlin. Als Tom Böttcher 1999 nach Falkensee zog, galt er bei Freunden deshalb als Freak.

FALKENSEE
Radio-Eins-Morgenmoderator Marco Seiffert ist bestürzt: Was denn, die Lokalzeitung bringt ein Porträt über seinen Kollegen Tom Böttcher? „Das muss gut überlegt sein, denn die Veröffentlichung kann zu dramatischen Auflagenverlusten führen.“ Doch die Lokalzeitung scheut das Risiko nicht, denn dieser Tom Böttcher ist Falkensees Lokalmatador beim Potsdamer Radiosender. Seit zwei Jahren moderieren die beiden gemeinsam bei Radio Eins, aber auch schon beim Jugendsender Fritz waren sie ein Team.
Um 5 Uhr beginnt „Der schöne Morgen“. Gegen 3.15 Uhr klingelt bei Tom Böttcher der Wecker. Eine kurze Nacht. Manchmal legt er sich am Tage noch mal ein paar Minuten aufs Ohr.
Die Stimmung im Studio ist entspannt. Die Moderatoren stehen sich gegenüber, zwischen ihnen steht das Mischpult. Tom Böttcher ist an dem Morgen der Herr der Regler. Sie führen ein Telefoninterview. Seiffert hebt kurz den Arm. Das bedeutet, er möchte die nächste Frage an den Gast stellen. Gesten reichen, um sich zu verständigen. Tom Böttcher mag seinen Job, und er mag auch den Radiosender, für den er arbeitet. „Bei uns ist nichts gekünstelt, unsere Hörer werden morgens nicht angeblökt.“ Seit 2004 ist er bei Radio Eins.
Früh war dem heute 41-Jährigen klar, dass der Journalismus sein Ding ist. „Ich wusste, dass mir das Spaß macht“, sagt er. „Als Kind habe ich Fußball-Radioreportagen nachgesprochen.“ Nach dem Abi folgte erst mal eine Ausbildung zum Kaufmann. Danach entschied er sich für die Deutsche Journalistenschule in München und Berlin und arbeitete für das Spandauer Volksblatt und den SFB-Jugendsender Radio 4U. Später, bei Fritz, war Böttcher Redakteur und Reporter, seit 1994 moderierte er. Vor fünf Jahren wechselte er innerhalb des RBB zu Radio Eins. „Irgendwann ist man zu alt für Fritz“, sagt er.
„Kinoking“ Knut Elstermann stößt zu den Morgenmoderatoren ins Studio. Gleich beginnt die Kinorubrik. Schon im Vorgespräch ist klar: Jetzt kommt ein Filmverriss. Während Elstermann auf Sendung ist, beobachtet Tom Böttcher die Studiouhr. Der Programmplan muss eingehalten werden.
Manchmal rufen bei Gewinnspielen Hörer aus Falkensee an. Für Böttcher ein Stück Heimat. Vor zehn Jahren zog er mit seiner Frau von Berlin nach Finkenkrug. „Wir wollten immer an den Rand der Großstadt“, sagt er. „Wir haben uns viel angesehen, aber Falkensee war ein Highlight.“ Inzwischen sind seine beiden Kinder vier und zehn Jahre alt. „Falkensee ist eine tolle Familienstadt. Ich habe bei den meisten Leuten das Gefühl, dass sie sehr bewusst leben.“ Nur das Zentrum, das findet Böttcher „verbesserungswürdig.“ Eine Meile zum Flanieren fehlt. „Ich wünsche mir eine Kaffee- und Kneipenkultur.“ Hin und wieder kehrt er im „Schrääg rüber“ ein. Als er 1999 nach Falkensee rauszog, galt er im Freundeskreis als Freak. „Das ist ja mutig, haben sie gesagt“, erinnert er sich. „Inzwischen haben sie ihre Meinung geändert.“ Nicht nur das: Einige Freunde sind ebenfalls ins Grüne gezogen.
Dass Tom Böttcher erkannt wird, wenn er in Falkensee einkaufen geht, kommt selten vor. Und wenn, kennen die Menschen seine Stimme nicht zwingend vom Radio, sondern vom Basketball. Tom Böttcher ist auch Hallensprecher bei Alba Berlin in der neuen Arena am Ostbahnhof. Nachdem er für Fritz 1995 als Reporter von einigen der Spiele berichtete, fragten ihn die Albatrosse, ob er den Job übernehmen wolle. Aus dieser Zeit stammt auch der Spitzname Teoman. „Teoman Alebegovic war beim Europacup 1995 der entscheidende Alba-Basketballer.“ Nachdem Alba den Pokal gewonnen hatte, beschloss der Moderator, als Tom Teoman Böttcher auf Sendung zu gehen. Noch heute wird er in der Sporthalle so gerufen.
Auch wenn Böttcher momentan zufrieden ist bei Radio Eins, Träume hat er trotzdem: „Schriftsteller. Das wäre toll.“ Aber erst später, irgendwann mal: „Wenn ich Zeit habe, mich in meine Hängematte zu legen, um stundenlang drüber nachzudenken.“


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Kommentare

2 Antworten zu „Ab fünf Uhr ist der Morgen schön“

  1. […] sind, sind sie in Wirklichkeit gar nicht da. Bald gibt es auch beim Radio nur noch Maschinen. Bei radioeins habe ich diesen Kulturschock nicht erleben müssen, beim Inforadio ebenfalls nicht. Moderatoren […]

  2. […] besten aRTikel: 26.1.2009: Niemand ist perfekt 1.4.2009: Techno in der Vehlefanzer Idylle 4.4.2009: Ab fünf Uhr ist der Morgen schön 16.5.2009: Premiere: Aufmacher eins 6.6.2009: Soll & Haben: Mein neuer Spitzelfreund […]

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