Still Life

Vor gut fünf Wochen konnte ich mir selbst ein Bild von der Situation in China machen. Der kolossige Drei-Schluchten-Staudamm am Yangzi. Bringt Strom und schützt vor Überschwemmungen. Einerseits. Andererseits mussten 1,2 Millionen Chinesen umziehen, weil die drei Schluchten geflutet werden und viele Städte darin untergehen.
Das ist auch der Rahmen von „Still Life“. Vor dem Hintergrund des Drei-Schluchten-Staudamms am Yangzi und der Stadt Fengjie, die geräumt wird, kommt Minenarbeiter Han Sanming (Han Sanming) nach Jahren in seine Heimat zurück. Er will seine frühere Frau finden. Vom Staudammprojekt hat er nichts mitbekommen, so auch nichts von der Flutung.
Klar, die Bilder, die Jia Zhang-ke nebenbei einfängt, sind sehr interessant. Für uns ist die Dimension der ganzen Sache so oder so unfassbar. Dennoch ist der Film sehr behäbig. Er scheint sich auf seine gruselige Kulisse verlassen zu wollen, denn die Geschichte an sich ist schrecklich unspektakulär. So wurde die große Chance verschenkt, die Staudammproblematik in eine wirklich spannende Geschichte zu packen. Es hätte ganz sicher viel erzählt werden können.

4/10


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Kommentare

6 Antworten zu „Still Life“

  1. Twin Li

    Einspruch!

    Jia Zhang-ke hatte ganz bestimmt nicht die Absicht, die Staudammproblematik in eine spannende Geschichte zu packen. Das wäre doch ein ganz anderer Film geworden, der auch niemals den Goldenen Löwen von Venedig gewonnen hätte. So ist es ein ganz wunderbarer, überraschend intimer Einblick in das chinesische Seelenleben geworden – ja klar, vor dem Hintergrund des Megadamms. Mir kam der Film vor wie eine zweite Reise zum Yangtsi, nur diesmal mit ganz neuen Perspektiven, die natürlich kein Tourist zu sehen bekommt. Ein starkes Stück Kinokunst.

  2. RT

    Ich fand den Film aber auch völlig ohne den Staudammhintergrund langweilig. Mir ist einfach zu wenig passiert. Genau das wurde übrigens auch in Venedig diskutiert, der Film war da wohl nicht unumstritten.

  3. Twin Li

    An die Diskussion in Venedig kann ich mich zugegebenermaßen nicht mehr so genau erinnern. Aber ich wollte nur einwenden, dass es auch Zuschauer (wie mich) gibt, die den Löwen in Gold gerechtfertigt finden.

  4. RT

    U.a. in der Cinema stand, dass es stark geteilte Meinungen gab – zwischen gefeiert und strikt abgelehnter „Kunstfilm“. Wobei ich selbst nicht mal finde, dass es ein Kunstfilm war.

  5. Twin Li

    Na, da sind wir uns doch wieder einig!

    Das war zwar ein starkes Stück Kinokunst,
    aber natürlich kein Kunstfilm.

    Vermutlich sind wir bei „Still Life“ einfach nur mit völlig verschiedenen Erwartungen ins Kino gegangen: Du wolltest eine wirklich spannende Geschichte (wie „still alive“) sehen, ich hatte mir schon beim Titel etwas ganz anderes vorgestellt.

  6. RT

    Hm, nee, eigentlich hatte ich keine Erwartungen. Ich wusste nur, dass er in China spielt und der Hintergrund der Staudamm ist. Und eigentlich erwartet man ja immer spannende Geschichten, oder?

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