Dresden

So gehört sich das: In dem Moment, wo wir das Parkhaus verlassen, beginnen die Glocken der Frauenkirche zu läuten.
Wir sind in Dresden. Nur zweieinhalb Stunden Autofahrt bis in die Sachsen-Metropole. Und die Schlange vor der gerade erst geweihten Kirche ist auch nicht so lang. Was aber kein Wunder war, wie sich herausstellte: Der Einlass begann erst in einer Stunde. Genug Zeit, um den Weihnachtsmarkt an der Frauenkirche zu besichtigen. Während mein Vater ziemlich uninteressiert an allen Ständen vorbeiging, ich zumindest an einigen Ständen stehen blieb, inspezierten meine Mutter und Silke jeden der Stände, der Schals oder Ähnliches verkaufte, sehr viel näher. Mein Vater wurde jetzt, bereits nach 20 Minuten in DD nervös. Er hasst so was.
15 Minuten vor Öffnung der Kirche stellte ich mich mit Silke in die Schlange. Kann ja nicht so lange dauern. Meine Eltern waren anderer Meinung: „Hier steht ihr doch Stunden an!“ Sie machten sich aus dem Staub. In ein Kaffee oder so. Aber irgendwie müssen sie doch mitbekommen haben, dass die Schlange sehr schnell voran kam – plötzlich waren sie wieder da und wollten nun doch rein.
Sehr beeindruckend. Ich habe keine Ahnung von Architektur, aber Kirchen besuche ich immer sehr gern. Nun ist die Frauenkirche nicht gerade ein Ort der Ruhe. Touristen über Touristen. Alle wollen das „Wunder von Dresden“ sehen. Bis auf viele Dresdener selbst übrigens. „Wir gehen rein, wenn der Touristenansturm weg ist“, meinte Maria, die beste Freundin meiner Mutter, die in Dresden wohnt. Aber es lohnt sich wirklich.
Nach dem Mittag ging es dann weiter zum historischen Weihnachtsmarkt im Stallhof. Hier werden traditionelle Waren angeboten. Ganz alte Töpfe, Bretter (Brettl), Schmucksteine, Kerzen usw. Die Toiletten heißen hier Latrinen. Ob sie auf dem neuesten Stand waren, wollte ich nicht ausprobieren…
Auf dem Strietzelmarkt, dem ältesten Weihnachtsmarkt Deutschlands (zum 571. Mal)trafen wir dann noch oben erwähnte Maria und Sabine. Die Freundin meiner Mutter und ihre Tochter.

Mit Sabine hatte ich noch in den späten 80ern eine innige Brieffreundschaft („Wie geht’s dir? Mir gehts gut.“), die dann aber irgendwann einschlief. Ich glaube, ich habe sie heute nach bestimmt 17 oder 18 wieder das erste Mal gesehen. Ich weiß noch, dass ich mal bei ihnen übernachtet habe. Ich durfte das Fernsehprogramm bestimmen, das an dem Abend gesehen wurde. Wahnsinn: Ich hatte die Wahl zwischen DDR-Fernsehen 1 und DDR-Fernsehen 2. Tal der Ahnungslosen. Da war ich aber mehr gewöhnt…

In der Kreuzkirche, direkt am Altmarkt wurden wir mehr oder weniger rausgeschmissen. Gott macht eben um 17.30 Uhr Feierabend. Währenddessen lief auf dem Strietzelmarkt die „Weihnachten in Familie“-CD. Auch schön.
Dresden lohnt sich wirklich – bei schönem Wetter noch mehr als beim heutigen Regenwetter.
In dem Moment, wo wir wieder ins Parkhaus zurück laufen, beginnen die Glocken der Frauenkirche zu läuten. So gehört sich das.
Ich werte das als gutes Zeichen.


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Kommentare

5 Antworten zu „Dresden“

  1. Sabi

    „weihnachten in familie“-na wenn da mal nicht (gar nicht so) alte erinnerungen wach werden, hihi! ich nehme an, du konntest mitsingen?

  2. RT

    Na ja, fast.
    Ich hätte ja auch die Kassette mitgenommen. Aber das Auto meiner Eltern ist neumodischerweise nur mit einem CD-Player ausgestattet.

  3. Sabi

    naja, zum glück gab’s ja den strietzelmarkt!

  4. RT

    Richtig – auch wenn das natürlich nicht der Grund ist, warum man da hinfahren sollte.

  5. […] Nach zwei Jahren – die eintägige Rückkehr nach Dresden. Und die Stadt macht sich ganz ordentlich. Das Viertel rund um die Frauenkirche scheint einer der großen Power-Standorte in Ostdeutschland – wenn nicht gar Gesamtdeutschlands zu sein. Rund um die restaurierte Kirche entsteht das Viertel neu, das bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bereits die Kulisse unweit der Elbe bildete. So schnell treffen sich unsere Wege. Gerade schrieb ich noch über den Werbespot für die CDs der Amigos, schon trafen wir heute in Dresden auf den großen Tourtruck der Megastars der Schlagerszene (die übrigens interessanterweise nicht mal meine Eltern kennen). Offenbar hatten die am Abend im Kulturpalast ihren großen Auftritt in Dresden. Pflichtbesuch: der Strietzelmarkt. Aber auch der ist nicht von den aktuellen Bauarbeiten verschont geblieben. Am eigentlichen Standort muss derzeit eine große Tiefgarage gebaut werden, so musste der Strietzelmarkt umziehen. Wenn man es mal ganz nüchtern betrachtet: Eigentlich ist der Strietzelmarkt nicht wirklich etwas Besonderes. Auf dem Parkplatzgelände stehen jetzt halt ein paar Buden, in denen es zu Essen und traditionellen Weihnachtskram zu kaufen gibt. Inklusive “Weihnachten in Familie”-Beschallung. Das alles malerisch vor dem hübschen “HUK Coburg”-Plattenbau. Sehr malerisch. Wirklich malerisch sind dagegen die Kreuz- und die Frauenkirche. Dresden-Besucher sollten nicht an den Gebäuden vorbeigehen, sondern einen Blick nach innen werfen. Das kulinarische Konzept rund um die Frauenkirche in Dresden sollte dringend noch mal durchdacht werden. Die Dresdener werden sicherlich lachen, wenn sie das lesen: Wer geht denn in diesem Viertel auch in eine Gaststätte? Das dachten wir uns danach auch. In der Tapas-Bar wurden wir jedenfalls nicht fündig, was hungerstillende Speisen angeht. Tapas ist nicht mein Ding. Und meine Eltern wussten nicht mal, was Tapas ist oder sind. Die Speisen in dem australischen Lokal waren so abgehoben und teuer, dass das auch nicht so das Richtige war. Letzte Station: die Piazza Nova. Die Piazza Nova ist ein italienisches Ristorante direkt an der Frauenkirche. Ich glaube, sie wären gern ein Nobelschuppen, sind aber in Wirklichkeit nur ein versnobter Laden. Okay, ich stellte mich ein wenig doof an, in dem ich dachte, in einem Ristorante gibt es auch Pizza. Die Bedienung daraufhin angesprochen, lächelte und meinte: Viele würden in “Piazza” “Pizza” lesen, und denken, hier gäbe es auch Pizza. Aber das hier sei ja eine Piazza, und in einer Piazza gäbe es keine Pizza. Ach so. Wobei ich die Piazza durchaus als Piazza erkannt habe und sich mir trotzdem nicht erschloss, warum es in einer Piazza (mit dem Untertitel “Ristorante”) keine Pizza gibt. Auch sonst wird auf langweiligen Prollfraß verzichtet. Poplige Spaghetti Bolognose gabs nicht. Dafür Spaghetti mit Thunfisch, Zitrone und Kirschtomaten. Uuuh. Okay, hat nicht schlecht geschmeckt, war aber keine Offenbarung. Bis auf den Preis: lumpige 12,50 Euro. Frauenkirchenblickbonus. Sei’s drum. Nein, den Laden kann ich nicht empfehlen. Rein kulinarisch gibt es sicherlich bessere Ecken als die Gegend rund um die Frauenkirche. Dort ist Dresden definitiv ganz schön dekadent geworden. Entschädigt wurden wir mit einem herrlichen Blick auf die historischen (mitunter restaurierten) Elbflorenz-Bauten vom Elbufer aus gesehen. Dresden lohnt sich immer. Man muss nur wissen, wo es sich lohnt, hinzugehen. Und das ist ja überall so. […]

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