Atze Schröder / Till Hoheneder: Blauäugig – Mein Leben als Atze Schröder

Dass Atze Schröder längst mehr ist als der Proll aus dem Ruhrpott, das weiß man inzwischen aus mehreren Interviews, in denen sich der Komiker sehr tiefgründig gezeigt hat.
Deswegen war es auch spannend, zu lesen, was Atze Schröder in seiner Biografie zu erzählen hat, wie er seinen Wandel darstellt und was er darüber denkt.

Atze Schröder also. Er erzählt, dass der kleine Atze… Halt, Moment mal. Wir wissen ja, dass Atze Schröder gar nicht Atze Schröder heißt. Wie der Mann dahinter wirklich heißt, ist öffentlich nicht bekannt. Nun muss man gar nicht verlangen, dass er sich im Buch outet. Dass er aber immer vom kleinen Atze und von Vater und Oma Schröder spricht, ist dann doch befremdlich.
Wie überhaupt alles etwas befremdlich ist. Denn wer erwartet, dass der Autor davon erzählt, wie genau er zu der Kunstfigur wurde, ist im Buch kein Thema. Es erweckt den Eindruck, dass Atze Atze heißt. Wie aus dem Mann dahinter Atze wurde: kein Wort dazu. Dass zur Atze-Verkleidung die Brille und die Locken-Perücke gehört: kein Wort dazu. Wie es dazu kam, dementsprechend auch nicht.
Das ist eine große Enttäuschung, weil es ja eigentlich zur Biografie gehört. So lässt der Mann dahinter dann doch viel weniger Einblicke zu als erwartet.

In diesem Buch wird über seine Familie erzählt, er berichtet von seinen ersten Berufen und darüber, wie es zu „Alles Atze“ und allem weiterem kam. Das ist alles ganz nett, es sind viele Anekdoten drin, aber wird von Seite zu Seite oberflächlicher. Das geht manchmal sogar so weit, dass das Buch wie ein schlechter Schulaufsatz wirkt, wenn davon die Rede ist, dass man sich über irgendwas unterhalten habe, dem Leser aber inhaltlich nichts darüber sagt.
Atze Schröder hat in seinem Buch auch sein Leben fiktionalisiert. So steht es auch auf dem Buchrücken: „Alles wird irgendwann, wenn es nur häufig genug erzählt wird, zur Fiktion.“ Am tiefsten geht das Buch am Anfang, als es im seinen Auftritt bei Lanz geht, bei der auch eine Holocaust-Überlebende war.

„Blauäugig – Mein Leben als Atze Schröder“ heißt das Buch. Aber es ist eigentlich Atze Schröders Leben. Ob das auch dem Leben des Mannes dahinter entspricht, darüber kann man sich, wenn man länger drüber nachdenkt, immer weniger sicher sein. Das ist beim Lesen zwar nicht wirklich langweilig (na gut, manchmal schon), aber doch schon wirklich ernüchternd. Da war jedes seiner Gespräche bei Markus Lanz oder Matze Hielscher tiefgründiger als dieses Buch.

Atze Schröder / Till Hoheneder: Blauäugig – Mein Leben als Atze Schröder
Edel Books, 240 Seiten
5/10


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