Melodifestivalen 2021: Final

SA 13.03.2021 | 20.00 Uhr | svt1

Um zu begreifen, wie armselig der NDR in Deutschland den Vorentscheid zum Eurovision Song Contest gestaltet – nämlich seit 2020 nicht mehr öffentlich, sollte man einen Blick nach Schweden werfen. Dort steht seit Sonnabend fest, wer 2021 am Wettbewerb in Rotterdam teilnehmen wird: Tusse mit „Voices“. Wie es dazu gekommen ist, ist ein erstaunlich langer und aufwendiger Prozess – an dem natürlich die Zuschauer voll eingebunden sind. Dabei handelt es sich um das Melodifestivalen, das nicht nur an einem Abend ausgetragen wird, sondern an sechs!

Am Sonnabendabend zeigte der schwedische Sender svt1 das große Finale, aber auch im Radio wurde es live übertragen, natürlich auch im Internet. Alle Leute in Schweden können Songs einreichen, eine Jury entscheidet, wer dabei sein darf. Natürlich sind auch in Schweden bekannte Namen dabei.
Es folgen vier Show, in denen je sieben Songs vorgestellt werden, die ersten beiden kommen weiter. Es folgt eine weitere Show für die Ausgeschiedenen, die eine zweite Chance bekommen. Am Ende steht das Finale.
Das Medodifestivalen gehört zu den quotenstärksten Unterhaltungsshows in Schweden.

Spannend daran ist einiges. Alles ist transparent – im Gegensatz zu Deutschland. Weil die Shows von vielen Leuten gesehen werden, werden viele der Songs zu Hits. Weil es Runde um Runde weitergeht, man die Songs also mehrfach hört und mit den Favoriten mitfiebern kann, entsteht Identifikation.
Es machen auch Stars mit, auch ehemalige ESC-Teilnehmer sind beim Melodifestivalen wieder mit dabei. In Schweden hat niemand Angst davor, „verbrannt“ zu sein, nur weil man den Vorentscheid nicht gewonnen hat. Wer in Schweden am Melodifestivalen teilnimmt, ist kein Loser, wer es dann nicht zum eigentlichen ESC schafft. Im Gegensatz zu Deutschland, wo angeblich viele der Vorentscheid-Teilnehmer angeblich nicht wollen, dass man erfährt, dass sie überhaupt teilgenommen haben. Was wirklich traurig ist.

Dass Tusse gewonnen hat, ist in Schweden also das Ergebnis einer wochenlangen Suche, eine langen Showreihe. Für die Schweden geht es nun weiter ins Halbfinale des Eurovision Song Contests. Was für die Schweden bedeutet: dran bleiben, mitfiebern! Im Gegensatz zu Deutschland, wo das Interesse am ESC-Halbfinale extrem gering ist, weil Deutschland dort nicht mitmachen muss. Für die meisten Deutschen ist der ESC ausschließlich das Finale, und wenn Deutschland da nicht gut abschneidet – mit einem Song, der mangels Präsenz und Wettbewerb kaum bekannt ist -, ist die Stimmung am Boden.
In Schweden dagegen ist die ESC-Begeisterung auf einem ganz anderen Level – und das Melodifestivalen zeigt, warum. Diese Shows gibt es dort übrigens seit 1958, und sie sind in den Jahrzehnten größer und wichtiger geworden.

Dass der Jahrgang des Finales 2021 am Sonnabend auch sehr mittelmäßig war, spricht nicht gegen das Festival. Auch so etwas kann passieren. Aber andererseits hat Schweden allein in den 10er-Jahren viele tolle Songs im ESC-Wettbewerb gehabt – und nicht umsonst zweimal gewonnen.
Deutschland sollte sich dringend etwas von Schweden abgucken. Eigentlich hat das 2010-12 nur Stefan Raab verstanden, der damals etwas Ähnliches machte.

-> Die Show auf stv Play


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