Wegbegleiter (15): Post an mich

(14) -> 28.4.2015

Wenn du mir eine Freude machen willst, dann schreibst du mir aus dem Urlaub (oder wo immer du auch gerade bist) eine Postkarte. Ich mag diese Art des Grußes sehr, weil er zeigt, dass man sich ein bisschen mehr Zeit genommen hat als für ein Foto per WhatsApp oder eine SMS. Man hat eine Postkarte gekauft, eine Briefmarke, man hat sich überlegt, was man schreibt und muss dafür sorgen, dass die Karte in einem Briefkasten landet.
Früher war das viel angesagter, da hat man auch noch richtige Briefe bekommen – nicht nur Reklame, Rechnungen, Kontoauszüge oder Mahnungen.

Ich habe noch so ziemlich alle Briefe und Postkarten, die man mir jemals geschrieben hat.
Die älteste Postkarte an mich, die ich noch habe, ist von 1985, ich ging noch nicht mal zur Schule. Sie stammt von unseren Nachbarn und kam aus Zingst.

Es folgen Karten, die ich 1985 zur Einschulung bekommen habe, zig Briefe von meiner Oma, von Freunden – und sogar ein Brief von meinem Vater. Er hätte ihn mir auch in die Hand drücken können, denn Absender und Adresse waren identisch. Ich liebte es einfach, Post zu bekommen, und so schickten wir uns Rätsel per Post. Hat ja damals auch nur 10 DDR-Pfennig gekostet.
Es sind Geburtstagseinladungen dabei. Mein Bruder schrieb mir Karten, wenn er auf Montage war (was immer das bedeutete, ich wusste das damals nicht genau).
Der Freund von der Nachbarstochter hat mir 1988 von seinen ersten Wochen bei der Volksarmee geschrieben, es sind durchaus ernste Briefe an mich, den jungen Schüler. Heute ist dieser Freund zwar nicht mehr der Freund der Nachbarstochter, aber immerhin Sportkommentator im Fernsehen, vor allem bei Handballspielen.

Einmal, im Februar 1988, tat mir meine Oma sogar den Gefallen und schickte mir einen Eilbrief. Er kostete nicht 20, sondern 70 Pfennig! Auf dem Brief klebte der rote Zusatz „Eilsendung Exprès“ – er brauchte einen, statt zwei Tage.

Viele Karten und Briefe fingen damals an mit: „Wie geht es dir? Mir geht es gut.“ Eine Freundin schreib mal auf die Rückseite eines Briefes: „Der Wind streift nach Ost, ich warte auf Post.“ Was mich damals tierisch geärgert hat, weil sie zu dem Zeitpunkt nach Ewigkeiten mal wieder geschrieben hat. Fand ich doof, den Spruch.

Allein der Stapel mit den Karten und Briefen aus der zweiten Hälfte der 80er ist dick. Es sind auch Karten dabei, die ich mir selbst geschrieben habe. Es war einfach zu schön, Postkarten an sich selbst aus dem Kasten zu holen (ich war damals sehr oft am Briefkasten, der damals noch nicht am Haus, sondern an der nächsten Hauptstraße, etwa 400 Meter entfernt, stand). Heute betrachtet sind viele dieser Eigenkarten extrem peinlich, vor allem, wenn man weiß, dass die Postfrau ganz sicher mitlas.

Aus der jüngeren Zeit liegen viele Postkarten im Stapel – diese Sitte konnte ich bei vielen Freunden beibehalten. Aber es sind auch Bußgeldbescheide bei (die mit Foto), der Brief, in dem mir zum Volontariat gratuliert wird – und viele weitere mehr.
Man könnte Romane darüber schreiben…

Die beiden jeweils jüngsten Postkarten sind an meiner Pinnwand. Sie kommen gerade von Freunden – aus Finnland und von Kreta.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Eine Antwort zu „Wegbegleiter (15): Post an mich“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert