Millionärswahl

DO 09.01.2014 | 20.15 Uhr | ProSieben

Gift! Das ist in der Regel etwas, woran man sterben kann. Am Donnerstagabend stand Gift gleich für mehrere Dinge: Erstens für eine Band, die irgendwann in den 70ern mal geschrammelt und auf die 2014 nicht all zu viele Leute gewartet haben. Zweitens für ein Voting, das für ProSieben in einer Imagekatastrophe endete und für Buh-Rufe und peinlich-berührtes Schweigen im Publikum sorgte.

Was war passiert? ProSieben und Sat.1 kündigten mit der „Millionärswahl“ das erste Showevent 2014 an. Durch irgendwelche Fähigkeiten oder Ideen konnten sich Leute um eine Million Euro bewerben. Im Internet sind 49 von ihnen fürs Fernsehen ausgewählt worden.
Hätte ganz interessant werden können – war dann aber doch ganz schön dröge. Wer sich zu Beginn von den brennend-tränenden Augen angesichts der furchtbaren Klamotten von Ex-Twitter-Tussi Jeannine Michaelsen erholt hat, erlebte danach eine zweitklassige Talentshow.
Selbst bei der Studiokulisse gab man sich kaum Mühe zu verbergen, dass es sich um das „Schlag den Raab“-Studio handelt.

Ein junger Mann macht Breakdance. Ein anderer springt vom Stadiondach. Dann die Band „Gift“, die eine neue CD aufnehmen will. Alles nicht sehr aufregend – wobei auch immer die Frage im Raum steht, warum ich diesen Leuten eine Million Euro in den Rachen werfen sollte.
ProSieben setzte aber auch aufs Schicksal. Der Pate eines Kindes mit schwerem Gendeffekt trat ebenfalls an, er wollte die Million für die Behandlung des Kindes und erledigte dafür für ihn schwer überwindliche Aufgaben. Nun kann man darüber streiten, ob das in eine Unterhaltungsshow gehört (Warum eigentlich nicht, wenn’s um ’ne Million geht?). Das Publikum sah ihn jedenfalls vorn.

Doch das Publikum erfuhr nach dem Voting, dass ihre Stimmen einen erstaunlich geringen Wert haben, denn am Ende durften sich die sieben Kandidaten gegenseitig bewerten. Ganz am Ende waren die Gift-Musiker dran, sie gaben ihre vier Punkte (sie hätten sie auch splitten können) dem Breakdancer.
Es war ein denkwürdiger Augenblick, denn erst da war klar, dass der Kindspate doch nicht gewinnen wird. Der Breakdancer zog erst dann auf Platz 1.
Nun ist es kein Muss, dass ein soziales Projekt eine Runde weiterkommt, für das sich der Kandidat selbstlos aufreibt. Aber es ist ein eklanter Konzeptunfall, dass sich die Band „Gift“ ihre Karriere nun eventuell in den Arsch schieben kann, weil sie dem armen, kranken Kind in letzter Minute alles versaut haben.

Im Live-Publikum herrschte jedenfalls Entsetzen, das ist sogar Elton aufgefallen. Der musste sich auf Facebook einiges von seinen Fans anhören.
Wer allerdings kommt auf die bekloppte Idee, nicht das Publikum zuletzt wählen zu lassen und stattdessen einem der Kandidaten die Arschkarte zuzuschieben?

Die „Millionärswahl“ ist die erste große Enttäuschung des noch jungen Jahres 2014. Die Show ist an sich schon seltsam uninteressant, der Ansatz, irgendwelchen Leuten mit irgendwelchen Hobbys völlig unmotiviert eine Million Euro hinter zu schmeißen, funktioniert nicht. Und wenn dann noch die einzige sinnvolle Aktion in allerletzter Sekunde verliert, dann ist das nicht anderes als der größte anzunehmende Fernsehunfall.
Ich habe nicht die geringste Lust, mir am Freitag Folge 2 anzusehen.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Millionärswahl“

  1. […] ist momentan wirklich nicht beneiden. Die “Millionärswahl” ist ein Desaster, inhaltlich und quotenmäßig. Nach der 2. Show setzten ProSieben und Sat.1 sie in der geplanten Form ab […]

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