Homevideo

MI 19.10.2011 | 20.15 Uhr | Das Erste

Das Internet ist böse? Nein, die Menschen sind es, die das Internet missbrauchen.
Das Erste zeigte am Mittwochabend einen Film, der das eindrucksvoll und auf bedrückende Weise zeigte.

Jakob (Jonas Nay) dreht mit seiner Videokamera dies und das. Der 15-jährige filmt die Familienidylle. Ihr vertraut er an, dass er in Hannah (Sophia Broehme) verliebt ist – und filmt sich beim onanieren.
Aber plötzlich ist die Kamera weg. Jakobs Mutter hat sie an einen Klassenkameraden verliehen. Gefragt hat sie Jakob nicht. Seine Welt steht still. Panik. Blanke Panik. Und tatsächlich: Bald erscheint das Video im Internet. Alle können ihn sehen. Es ist die Hölle.

Es heißt immer wieder, man müsse Regeln im Internet setzen. Man müsse die Menschen schützen. Aber in Wirklichkeit müssen einfach nur die Regeln eingehalten werden, die es sowieso schon gibt.
Henry, der das Video von Jakob hat, ihn damit erpresst, schert sich nicht um Regeln. Ihm es ist es scheinbar völlig egal, dass Jakob zum Gespött der ganzen Schule wird.

Regisseur Kilian Riedhof wagt sich in „Homevideo“ an das Thema Cybermobbing. Gut ist, dass er relativ vorurteilsfrei an die Sache rangeht. Er verteufelt nicht das Internet an sich, er beschäftigt sich mit den Menschen, die es nutzen. Und missbrauchen. Er zeigt die schockierende Ausweglosigkeit. Und die Hilflosigkeit der anderen Schüler, der Lehrer, der Eltern. Niemand kann Jakob helfen. Nicht die eigenen Eltern, die sich zu allem Überfluss gerade auch noch trennen, aber trotzdem versuchen, den Jungen wieder aufzurichten. Sie machen das sogar ganz rührig und ganz ernsthaft – aber es hilft eben nicht. Der Junge ist gebrandmarkt. Da hilft auch ein Schulwechsel nicht.
Am Ende sieht es aus, als ob sich alles in Wohlgefallen auflöst. Das denken jedenfalls die Eltern. Und der Zuschauer auch. Jakob denkt das nicht. Für ihn gibt es keinen Ausweg.

Das schockiert. Die Vehemenz, die Konsequenz des Filmes, die nicht vorhandene heile Welt macht an dieser Stelle einfach nur hilflos.


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Kommentare

5 Antworten zu „Homevideo“

  1. blaurora

    ich habs nach den werbetrailern geahnt, dass es so endet und deshalb nicht mehr ansehen mögen.

    bin dann doch für 15 min in den film reingerutscht und es wurde für mich immer deutlicher.

    danach war der abend ohne fernsehen.

    kann mir aber nach diesen wenigen minuten vorstellen, dass der regisseur das thema sehr fein nachgezeichnet hat. nur erleben wollt ichs für mich nicht mehr.

  2. Surreal

    Ist das nicht genau falsch, die Augen vor dem Thema zu verschließen? Ich denke bei vielen hat der Film eine Wirkung, aber erreicht er auch die Jugend oder ist das für sie alles nur ein großer Spaß? Da bin ich mir nicht sicher?!

  3. RT

    Die Vernünftigen wirds erreichen, die tumben Idioten nicht. Die schalten aber so was sowieso nicht ein.

  4. Alexx

    Nicht ohne Grund Gewinner des Dt. Fernsehpreises.
    Fesselnder & schock(ier)ender Film…
    Schön, dass sowas mal zur Primetime in der ARD kam.

  5. RT

    Das Erste bringt öfter gute Filme zur Primetime als viele denken. Leider ist „Homevideo“ gegen die Fußball- und ZDF-Konkurrenz ziemlich untergegangen.

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