60 Jahre ARD – Lange Nacht: Unterhaltung & Talk

SA 17.04.2010 | 23.50 Uhr | Das Erste

Irgendwie hat die ARD bei der Auswahl ihrer Höhepunkte aus 60 Jahren Fernsehschaffen nicht immer ein gutes Händchen. Und manchmal waren die redakteure auch einfach nur faul. Im Fall von „Verstehen Sie Spaß?“ zeigte sie statt echter Highlights lieber eine der billigen Best-of-Sendungen, die irgendwann mal im Vorabendprogramm lief. Die wirklich herrlichen Promi-Aktionen entgingen uns. Nicht anders bei „Einer wird gewinnen“: Zu sehen gab es Ausschnitte einer alten Show von 1966, obwohl die späteren Sendungen in den 80ern besser waren. Und so weiter.
Aber die ARD begeht ihren 60. ja sowieso recht lieblos. Insofern passt das schon.

Und meine Unterhaltungshöhepunkte? Zu meinen frühen Erinnerungen zählen natürlich die großen Sonnabendabendshows. Da wäre bespielsweise „Die verflixte 7“ mit Rudi Carrell und dem Satz: „Das wäre Ihr Preis gewesen!“ Auch Blacky Fuchsbergers „Auf los geht’s los“ war immer gute Unterhaltung – auch heute noch, wenn die Sendung wiederholt wird. Gleiches gilt für „Einer wird gewinnen“. Für damalige Verhältnisse Mitte der 80er war „Vier gegen Willi“ fast schon subversiv. Die Show mit Mike Krüger brach so manches Tabu. So wurde mal die Wohnzimmereinrichtung von Leuten, die im Publikum saßen, zerdeppert. „Verstehen Sie Spaß“ liebte ich auch, besonders in Zeiten von Paola und Kurt Felix. Auch als Harald schmidt die Show übernahm, war sie sehenswert. Mit Dieter Hallervorden ging’s bergab, mit Cherno Jobaytey erst recht. Genannt werden muss auch Michael Schanzes „Flitterabend“, das Spiel mit den Hochzeitspaaren. Jürgen von der Lippes „Geld oder Liebe“ war auch sehr lange sehr angesagt. „Die Rudi Carrell Show“ war zwar schleimig, wir sahen sie trotzdem („Lass dich überraschen!“).
Shhows gab es aber nicht nur am Sonnabend. Zu meinen ganz frühen Erinnerungen zählen das Beruferaten „Was bin ich?“ und der Nachfolger „Ja oder nein“. Ebenso „MAZ ab!“ mit Harald Schmidt, Ende der 80er, ein Spiel so ziemlich ohne Regeln. Jedenfalls gab Harald Schmidt die Punkte relativ wahllos. Tränen gelacht haben wir bei „Donnerlippchen“, einer sehr abgefahrenen Show mit Jürgen von der Lippe, „Pleiten, Pech und Pannen“, bei Hape Kerkelings „Total normal“, Harald Schmidts „Gala“ und „Schmidteinander“ sowie bei „Sketchup“ und „Voll daneben“ mit Diether Krebs.
Aber auch die Dritten spielen bei der Unterhaltung einer große Rolle. Im damaligen N3 sorgte ab 1990 einmal im Monat sonnabends eine Show von der Hamburger Reeperbahn für Furore: die „Schmidt“-Mitternachtsshow. Kabarett, Varieté, Musik – und der Karrierestart von Lilo Wanders und Marlene Jaschke. Auf West 3 – und übernommen von N3 – habe ich sonntags Jürgend von der Lippes Show „Stimmt’s“ gesehen. 1996 startete der WDR seine WG-Suche „Zimmer frei!“. Die Show läuft heute noch, auch wenn sie stark abgenutzt ist.
Im Talkbereich gehören die „NDR Talk Show“ und „3 nach 9“ schon zum Inventar, auch der MDR konnte mit dem „Riverboat“ ein Erfolgsformat dazusetzen. Die eine oder andere Ausgabe von „Boulevard Bio“ war ebenfalls sehr sehenswert.

Und heute? Reinhold Beckmann sorgt für meist weichgespülte Talks. Seine Kollegin Sandra Maischberger macht es spannender. Harald Schmidt hat seine (fast) wöchentliche Show, „Krömer – Die internationale Show“ ist meist sehr komisch. Der Sonnabend dümpelt dagegen hin. „Musikantenstadl“ und die „Feste der Volksmusik“ laufen noch ganz gut, haben jedoch keine jungen Zuschauer. „Verstehen Sie Spaß?“ soll mit Guido Cantz verjüngt werden. Am Vorabend wird gequizzt. Perlen muss man suchen: „Inas Nacht“ zum Beispiel, erprobt im NDR fernsehen, im Ersten im tiefsten Nachtprogramm. Etwas anders ist auch „Die Thomas und Helga Show“ im NDR fernsehen oder „Dittsche“ im WDR.
Es wird Zeit für weitere Innovationen.


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