27. Mai 1983: Im Bahnhof Berlin-Friedrichstraße kapert ein Mann den Führerstand einer S-Bahn. Sein Ziel: Er wollte den Zug von Ost-Berlin weiter lenken, um damit nach West-Berlin zu flüchten. Das Vorhaben misslang.
Das ist die wahre Geschichte.
Und das ist die Geschichte im Roman von Maxim Leo: Sie beginnt am 12. Juli 1983. Da fuhren am frühen Morgen 127 Menschen aus Ost-Berlin mit der S-Bahn in den Westteil der Stadt. Eine spezielle Weichenstellung vor dem Bahnhof Friedrichstraße machte es möglich – es ist die einzige Verbindung zwischen den beiden S-Bahn-Systemen in Berlin.
Verantwortlich dafür war Michael Hartung, der damals bei der Bahn arbeitete.
Inzwischen ist September 2019, und Hartung ist Besitzer einer der letzten Videotheken in Berlin. Er bekommt Besuch Alexander Landmann, einem Journalisten der Zeitschrift „Fakt“. Er hat herausgefunden, was damals passiert und und will daraus eine Story machen. Hartung lässt sich darauf ein – aber als er den Artikel später liest, ist er überrascht. Landmann hat an vielen Stellen übertrieben und auch Dinge erfunden.
Aber Hartung hat ein gutes Honorar bekommen – aber was er vorher nicht ahnte: Die Story schlägt Wellen. Trotz aller Lügen muss er nun ein Interview nach dem anderen geben – und dann soll er auch noch im Bundestag sprechen…
„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ heißt der Roman von Maxim Leo. Es ist weniger ein Stück DDR-Geschichte, die hier erzählt wird. Vielmehr geht es darum, wie mit der Erinnerung an die DDR umgegangen wird. Welche Rolle 30 Jahre nach Mauerfall die Ost-West-Annäherung immer noch spielt. Welche Vorurteile es immer noch gibt. Ein Journalist wittert die große Story und schmückt sie hemmungslos aus, weil die Sache mit den schlimmen DDR-Geschichten ja so glasklar sei.
Inhaltlich geht dem Autor aber irgendwann die Luft aus. Eine Liebesgeschichte mischt er noch unter, das Private gerät immer mehr in den Vordergrund. Interessant ist, wie die Offiziellen reagieren, als klar wird, dass Hartung – oder eher der Journalist – gelogen hat, was dann aber auch nicht rauskommen darf.
Der Schreibstil ist recht wechselhaft. Ein bisschen mehr Wortwitz hätte dem Roman gutgetan, an manchen Stellen wirkt er seltsam distanziert wie ein zusammenfassender Bericht. Das Ende ist sogar ziemlich einfallslos und oll und echt unpfiffig.
Maxim Leo: Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
Kiepenheuer & Witsch, 296 Seiten
6/10
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