RE5 hält in Fürstenberg – Reisende mit Rädern, Kinderwagen oder Gehbehinderte haben große Probleme
MAZ Oberhavel, 30.11.2024
Fürstenberg.
Wer auf dem Bahnhof Fürstenberg in Richtung Berlin will, muss Treppen steigen – und es gibt dafür keine Alternative. Der Bahnhof im Norden von Oberhavel ist alles andere als barrierefrei.
Fürstenberg ist gerade im Sommer auch ein Touristenort. Der Regionalexpress 5 hält am dortigen Bahnhof, viele Menschen mit Fahrrädern steigen dort aus. Vom Mittelbahnsteig müssen alle Leute durch den Tunnel.
Das gilt auch die alle mit Fahrrad oder Kinderwagen – und auch Gehbehinderte müssen die Treppen steigen. Sandra Puls ist Betreiberin des Bistros und Cafés „Ahoi“, direkt am Hauptbahnsteig. Sie erzählt, dass es immer mal wieder vorkomme, dass Stammgäste Leuten vor Ort helfen würden.
„Das ist wirklich extrem“, erzählt sie. „Wir sind ja nun mal eine Touristenstadt, und die Leute sind oft sowieso schon genervt von der Bahn, und dann haben sie auch noch das Problem hier.“ Sie meint den Tunnel, durch den sie alle müssen.
Zwar gibt es für Leute mit Fahrrad am Rand der Treppe eine sehr schmale Rampe, in der die Räder runter- oder hochgeschoben werden können – das aber ist beschwerlich und unbequem. Eine Brücke oder Fahrstühle gibt es in Fürstenberg nicht.
Für die Leute in Fürstenberg ist das schon deshalb bedauerlich, weil ihr Bahnhof an sich ein wirklicher Hingucker ist. Im privat betriebenen Bahnhofsgebäude gibt es das Bistro, eine Fahrradwerkstatt und einiges mehr. Das Bahnhofsumfeld ist ansehnlich, wie die MAZ kürzlich auch im Bahnhofs-Check festgestellt hatte.
Obwohl es in Fürstenberg keine Barrierefreiheit gibt, äußert sich eine Sprecherin der Deutschen Bahn auf Nachfrage der MAZ so: „Barrierefreiheit ist ein zentrales Anliegen der Deutschen Bahn. Aus diesem Grund investieren wir jedes Jahr viele Millionen Euro, um mehr Komfort und Barrierefreiheit für unsere Fahrgäste herzustellen. Wenn Bahnhöfe um- oder ausgebaut werden, spielt die Verbesserung der Barrierefreiheit dabei immer eine wichtige Rolle.“
Die Baumaßnahme am Bahnhof Fürstenberg sei ein Teilprojekt der Streckenertüchtigung Rostock-Berlin. „Insgesamt werden unter anderem 15 Bahnhöfe barrierefrei erschlossen“, so die Bahnsprecherin.
Die Deutsche Bahn habe das Ziel, den Menschen in der Stadt und allen Reisenden, „zeitnah einen barrierefreien Bahnhof zur Verfügung zu stellen.“ Doch so lange ist Geduld gefragt: „Für das Jahr 2028 ist der Baustart geplant.“
Es solle eine barrierefreie Zuwegung über Rampen auf die Bahnsteige errichtet werden. Dass es auch in Zukunft keine Aufzüge geben soll, habe nach Angaben der Bahn auch mit dem Denkmalschutz zu tun.
Geplant sei der Ausbau des Mittelbahnsteiges für eine Nutzung Richtung Stralsund/Rostock und Berlin. Das bedeutet aber auch, dass eine weitere Nutzung des Außenbahnsteiges (direkt am Bahnhofsgebäude) dann nicht mehr vorgesehen sei.
„Es gibt seit vielen Jahren die Forderungen der Reisenden, den Bahnhof in Fürstenberg grundsätzlich barrierefrei umzubauen, beziehungsweise zu ertüchtigen“, erklärt Fürstenbergs Bauamtsleiter Stefan Kadatz.
„Dieser Wunsch deckt sich natürlich auch mit den Interessen der Politik und somit auch der Stadt Fürstenberg/Havel“, so der Leiter des Bauamtes weiter. „Seitens der Stadt besteht der Wunsch nach einer Lösung der Barrierefreiheit durch Rampen und/oder Aufzüge.“
Die in Fürstenberg lebende Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg (Linke-Fraktion) wünscht sich bei einem Ausbau des Bahnhofes mehr Weitsicht. „Das ist eine Investition in die Zukunft“, sagte sie. Wenn klug geplant werde, könnten mehrere Klappen geschlagen werden.
Es gehe dabei um die Bedürfnisse der Menschen in der Stadt – für die, die heute dort leben, aber auch für Menschen, die in Zukunft den Bahnhof nutzen wollen.
Auch sie erinnert daran, dass der Tourismus eine immer größere Rolle spiele, viele Menschen kommen mit dem Rad.
So fehle auch ein Durchgang in Richtung Westen. „Das ist die Hälfte der Stadt, wo sich das meiste tut“, so Anke Domscheit-Berg. „Da passiert ernsthaft was.“ Auch deshalb sei die Planung eine Infrastruktur-Entscheidung für die nächsten 50 Jahre, dieser zweite Durchgang ein wichtiger Baustein.
Der Bau einer Rampe ist aus ihrer Sicht die schlechteste Variante einer Barrierefreiheit. „Sie soll so gebaut werden, dass sich die Wege verlängern“, erklärte sie am Dienstag in einem Gespräch mit der MAZ.
Das sei schon deshalb ungünstig, weil somit neue „Gruselecken“ geschaffen würden, wie sie erklärte. Dabei sei es Richtlinie der Bahn, kurze Wege zu schaffen.
Mitglieder einer Bürgerinitiative, zu der auch die Politikerin gehört, die sich um die Zukunft des Fürstenberger Bahnhofes kümmert, haben einen Vorschlag vorgelegt. Der Bahnhof solle so umgebaut werden, dass der Bahnsteig weiter in Richtung Mittelbahnsteig gebaut werde. So müsste auch weiterhin niemand, der in Richtung Norden fahren möchte, Treppen oder Rampen nutzen, um zum entsprechenden Bahnsteig zu gelangen. Seitens der Bahn gibt es dafür aber scheinbar keine Bereitschaft.
So oder so herrsche aber im Tunnel Handlungsbedarf. „Er ist oft sehr verdreckt“, sagt Sandra Puls vom Ahoi-Bistro. „Es stinkt oft darin, es ist oft nicht schön, da durchzugehen.“
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