Sanierung dauerte vier Jahre – Familie Würtenberger-Tümpel gibt Einblicke in ihre Räume – großes Engagement-Anliegen
MAZ Nord-Brandenburg, 22.11.2024
Schwante.
Vier Jahre war das Schloss Schwante eine Baustelle. Inzwischen aber ist die Gemütlichkeit ins Haus eingezogen, richtig wohnlich ist es geworden.
Familie Würtenberger-Tümpel gibt, fünf Jahre nachdem sie das Schloss gekauft und zu einem Wohnhaus umgebaut hat, Einblicke in ihr Privatleben. Denn: Wie sieht es jetzt eigentlich aus im Schloss Schwante?
Es war im Jahre 2019, vor fünf Jahren, als sich am Schloss so einiges änderte. Das Hexenkessel-Hoftheater mit der Gaststätte im Haus war Geschichte. Stattdessen kamen neue Besitzer, und sie hatten vor, im Schloss zu wohnen.
Der Schlosspark ist inzwischen ein Ort für internationale Kunst, es gibt einen Hofladen und hin und wieder auch Feste, zu denen viele Menschen kommen.
Wer auf dem Schlossweg auf das Gelände zuläuft, der steht aber mittlerweile vor einem Tor mit dem Schild „privat“. Was aber nicht heißt, dass sich die Familie abschottet. „Wir hatten am Wochenende 20 Gäste hier bei uns“, erzählt Loretta Würtenberger.
Nicht umsonst steht ein langer Tisch in einem der großen Räume abseits des Flures. An den Tisch passen 14 Stühle. Darüber hängen zwei Kronleuchter, am Rand stehen riesige Bücherregale voller Bücher. In zwei Ecken gibt es Sitzgelegenheiten, wo ebenfalls Bücher liegen.
Immer wieder kommen Gäste an die große Tafel. Das sind Freunde, Bekannte, aber auch und vor allem andere Künstler. Der lange Tisch ist auch ein Ort des Austauschs.
Viele der ursprünglichen Grundrisse seien wieder freigelegt worden, sagt Daniel Tümpel. „Die haben sich ja damals auch was dabei gedacht.“ Heutige Wohn- und Arbeitszimmer waren beispielsweise zuletzt Toilettenbereiche.
Die ganz privaten Räume bleiben auch der Presse verschlossen, aber was zu sehen ist, wirkt sehr einladend. Vom Raum mit den großen Bücherregalen ausgehend, kommt man zu etwas kleinen Räumen. Und überall gibt es Tische und Stühle, kleine Sitzecken – überall liegen Bücher.
Darauf angesprochen lächelt Loretta Würtenberger: „Wir sind eine gelebte Bibliothek, mit der wir auch arbeiten“, sagt sie. In den zwei großen Regalen befinden sich vor allem Kunstbücher. Das passt, denn Loretta Würtenberger und Daniel Tümpel arbeiten im Kunstbereich. Sie vermitteln in ihrer gemeinsamen Firma Kunst und kümmern sich um Kunstnachlässe.
Ansonsten gibt es im Haus mehrere Arbeitszimmer, ein Esszimmer, die Küche, die Schlafzimmer oben, die Kinderzimmer. Ein Extra-Spielzimmer haben die Kinder auch. „Unser Luxus“, sagt Loretta Würtenberger.
Wer im Flur im Erdgeschoss steht, wird sich vielleicht noch an die Tanzpartys erinnern, die in den 2010er-Jahren im Schloss stattgefunden haben. Über zwei der Eingänge zu den Nebenräumen befinden sich alte Schilder: „Lektionssaal“ und „Speisesaal“. Sie sind aus DDR-Zeiten. Die Türen darunter sind jedoch schon viel älter – aus dem 18. Jahrhundert. Diese Schilder sind immer noch Teil des Hauses. „Weil sie auch Teil der Geschichte sind“, erklärt Daniel Tümpel.
Das Haus steht unter Denkmalschutz. Dementsprechend musste sich die Familie beim Umbau des Hauses absprechen.
„Das war aber nicht schwierig“, sagt Loretta Würtenberger. Seitens der Denkmalschutzbehörde habe erst mal Misstrauen geherrscht. „Wir haben viel inhaltlich besprochen“, sagt Loretta Würtenberger. „Wir kommen ja aus der Kunst, und ich liebe Architektur. Dementsprechend hatten wir viel Gesprächsstoff.“ Es habe sich aber am Ende gelohnt.
Jetzt, wo seit diesem Jahr auch innen alles fertig ist, „ist es ein anderes Gefühl des Nachhausekommens“, so Loretta Würtenberger weiter. „Jetzt ist kein Bauarbeiter mehr da.“ Der Umbau sei mit viel Arbeit verbunden gewesen, zumal sie auch Bauleiterin war.
„Es ist wichtig, in die Orte hineinzuhören“, sagt sie. So ein Haus sei in Materie gegossene Geschichte, auch ein Stück Sozialgeschichte. Nach 1949 war es Kindergarten, Krankenhaus, Arztpraxis, Poststelle, Gemeindeküche, Kino, Schule, Sitz des Bürgermeisters und der LPG. Davor war es der Wohnsitz von verschiedenen Besitzern, wie zum Beispiel Friedrich Wilhelm, Graf von Redern, Mitte des 19. Jahrhunderts. Heute lebt das Ehepaar Würtenberger-Tümpel dort. Sie haben vier Kinder – sechs, neun, 17 und 18 Jahre alt – und zwei Hunde. Sie sind auch viel im Ort unterwegs. Wenn die Kinder in die Schule gebracht wurden, dann gönnt sich Loretta Würtenberger in der Bäckerei erst mal einen Kaffee.
„Schwante ist relativ groß, das ist kein Dorf, wo jeder jeden kennt“, sagt sie. Ganz anders in Sacrow bei Potsdam, wo die Familie vorher lebte. „Das Dorf hat 130 Einwohner, das ist schon ein großer Unterschied“, sagt Loretta Würtenberger.
In Schwante fühlen sie sich wohl. „Die Infrastruktur ist hervorragend. Was nicht hier ist, gibt es in Vehlefanz oder Kremmen.“
Das Schloss hat auch zwei Gästezimmer, in dem immer wieder Künstler wohnen. Gerade lebt dort auch Viktor Jerofejew. Der russische Schriftsteller gilt als großer Kritiker von Wladimir Putin. Nach Beginn des Ukraine-Krieges flüchtete er 2022 aus Russland.
„Wir führen hier spannende Gespräche, das ist ein totales Geschenk für uns“, sagt Loretta Würtenberger. Kürzlich fand ein großes Abendessen ihm zu Ehren statt. „Das macht so ein Haus auch aus und hat eine Strahlkraft, auch über das Private hinaus.“
Überhaupt ist es so, dass die Familie ein Engagement-Anliegen hat. Es gehe auch darum, Schulklassen auf das Gelände zu holen, damit sich die Kinder und Jugendlichen die Kunstwerke im Schlossgarten anschauen können. „Moderne Kunst kann Horizonte erweitern“, sagt Loretta Würtenberger. „Das ist aktive Demokratieförderung.“
2025 solle es deshalb ein Workshop für Kunstlehrer aus der Region geben. „Sodass Lehrer erfahren, was es hier für Möglichkeiten für sie gibt.“ Wenn danach bei drei von 100 Kindern ein bleibender Eindruck hinterlassen werde, sei das schon ein guter Ansatz.
Schon von Anfang an war es so, dass Menschen, die in der Gemeinde Oberkrämer leben, kostenlos in den Schlossgarten mit der Kunstausstellung dürfen. „Das machen sie nicht zu Hunderten, aber doch regelmäßig.“
Nennt die Familie dieses Haus eigentlich auch „das Schloss“? Loretta Würtenberger lächelt, schüttelt dann aber den Kopf. „Ich erzählte davon nicht so viel. Und erst mal ist es ja unser Zuhause.“ Und das soll auch so bleiben. „Ich hoffe, dass es sogar die Heimat unserer Kindeskinder ist.“
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