Bret Easton Ellis: The Shards

736 Seiten. Das ist viel. Aber: Was für ein Trip.
Bret Easton Ellis schreibt in seinem Roman „The Shards“ über sich selbst. Jedenfalls heißt die Hauptfigur Bret Ellis. Er ist 17 Jahre alt, so alt wie der Autor Anfang der 80er auch war.
Aber man kann nur hoffen – also für ihn selbst -, dass die Story dennoch fiktiv ist.

Los Angeles, 1981. Wochenlang lebt Bret (17) allein im Haus, seine Eltern sind für längere Zeit verreist. Nur eine Hausangestellte schaut jeden Tag vorbei.
Er besucht die Oberstufe der privaten Buckley Prep School. Mit seinen Freunden Susan und Thom geht er durch dick und dünn, und mit seiner Freundin läuft es auch einigermaßen gut.
Wobei: Eigentlich steht Bret vielmehr auf Jungs, öffentlich machen will er das aber nicht. Nicht gut für das Image.
Eines Tages kommt ein neuer Schüler auf die Buckley. Er heißt Robert Mallory. Er scheint sehr intelligent zu sein, er sieht gut aus, findet schnell Freunde. Aber irgendwas stimmt mit ihm nicht. Da ist sich Bret sehr sicher. Und er will rausfinden, was es ist.
Zumal eine unheimliche Mordserie die Stadt erschüttert. Der sogenannte Trawler entführt Jugendliche und bringt sie auf bestialische Weise um. Hat Robert Mallory womöglich irgendwas damit zu tun?

„The Shards“ heißt der Roman – auf Deutsch: Die Scherben. Und tatsächlich schreibt Bret Easton Ellis, wie sich dieser Herbst 1981 nach und nach zu einer Katastrophe verwandelt.
Es ist ein schleichender Prozess, und Bret beschreibt seine Beobachtungen, Eindrücke und Erlebnisse permanent in der ich-Form. Wir als Leser erleben diese Geschichte also ausschließlich aus Brets Perspektive. Was er sich denkt, müssen wir irgendwie einordnen. Was er nicht weiß, erfahren wir auch nicht.
Der Schreibstil zieht einen sehr schnell in die Handlung rein, man wird regelrecht reingesaugt. Geradezu atemlos erzählt Bret von den Ereignissen. Wie er mehr und mehr wahnsinnig zu werden scheint, angesichts der mitunter schrecklichen Ereignisse, die ihm widerfahren.
Es gibt Szenen, die wahnsinnig spannend sind. Da ist zum Beispiel der Moment, wo Bret allein im Kino ist und jemanden sieht, für den er sich interessiert – und der sich später scheinbar als ein Bekannter herausstellt. Oder als Bret in das Haus seines Freundes Matt kommt, der ermordet wurde. Als er mit dessen Vater spricht. Selbst wenn Bret in langen Passagen erzählt, wie er Mallory mit dem Auto verfolgt und in welchen Straßen er da unterwegs ist, ist das irgendwie fesselnd.
Auch gibt es immer wieder Szenen, in denen Musik eine Rolle spielt. Dazu empfiehlt es sich, sich diese an den Stellen auf dem Handy vorzuspielen. So kann man die jeweilige Atmosphäre gut erahnen.
„The Shards“ ist ein großartiger Roman mit nur sehr wenigen Längen. Er ist faszinierend, aufregend, spannend, traurig, stellenweise lustig.
Ein echter Trip eben.

Bret Easton Ellis: The Shards
Kiepenheuer & Witsch, 736 Seiten
10/10


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