phoenix vor Ort: Großkundgebung von Landwirtschaft und Transportgewerbe

MO 15.01.2024 | 11.30 Uhr | phoenix

Es war sicherlich nicht der angenehmste Termin für Finanzminister Christian Lindner (FDP) gewesen. Er sprach am Montagmittag am Brandenburger Tor in Berlin bei der Kundgebung zum Abschluss der Protestwoche der Bauern und Unternehmer. Sie wurde live auf phoenix übertragen.

Lindner schlug die blanke Wut entgegen. Sie war so lautstark, dass sich Joachim Rukwied, der Präsident des Landesbauernverbandes, einschalten musste, um die Leute zu mäßigen. Was ihm nicht gelang. Und so musste Lindner gegen den Lärm der Masse anbrüllen.

Es war eine Situation, die sicherlich Stress auslöste. Aber das, was der Finanzminister dort sagte, war mitunter, nun ja, erstaunlich.
„Viele hatten Angst vor schrecklichen Bildern“, sagte er. „Auch ich hatte die Furcht vor schrecklichen Bildern. Aber davon ist zum Glück in den letzten Tagen nichts eingetreten.“ Was für schreckliche Bilder hatte er denn erwartet? Gleich zu Beginn seiner Rede rüstete er verbal auf. Alles sei total friedlich, schrie er der gar nicht so friedlichen Masse zu.

Ob Lindner kurz davor war, sich in die Hosen zu machen, ist nicht bekannt. Jedenfalls versuchte er, sich einzuschleimen – indem er zwei Gruppen gegeneinander aufhetzte. Kommt halt gut, in einer solchen Situation. „Was (für ein) ein Unterschied zwischen den Bauern und den Klimaklebern. Die Klimakleber haben das Brandenburger Tor beschmiert. Die Bauern haben das Brandenburger Tor gefeiert und das ist ein Unterschied“, sagte er. „Und deshalb erwarte ich von der Politik und von den Medien, von allen, die Befürchtungen geäußert haben, dass sie künftig stattdessen vor der linksextremistischen Unterwanderung der Klimakleber warnen und deren Sachbeschädigungen und Blockaden verurteilen. Denn das ist gerechtfertigt.“
Erstens ist es merkwürdig, dass Lindner was von der Politik fordert, aber vielleicht hat er für einen Moment vergessen, dass er das ja selbst ist, die Politik. Es gab und gibt Beobachtungen, dass der Protest der Bauern und Unternehmer an einigen Stellen von Rechtsextremen unterwandert oder es mindestens versucht wurde. Da dann von Linksextremisten zu faseln, ist eine peinliche Anbiederung an die Protestierenden – und angesichts der Enthüllungen über das Potsdamer Nazitreffen sind seine Worte politisch mindestens fragwürdig.

Weiter sagte Lindner, dass die Landwirtschaft die Umwelt schütze – was hier und da sicherlich zutrifft. So pauschal aber eine weitere Anbiederung ist – und eine weitere fragwürdige These.

Und natürlich darf in seiner Rede nicht fehlen, ordentlich nach unten zu treten. „Es ärgert mich, dass ich bei Ihnen als den fleißigen Mittelstand über Kürzungen sprechen muss, während auf der anderen Seite in unserem Land Menschen Geld bekommen fürs Nichtstun. Soziale Reformen sind schwer, aber auch da gehen und müssen wir ran. Deshalb kürzen wir die Leistungen für Asylbewerber. Deshalb sparen wir 1 Milliarde Euro beim Bürgergeld. Denn wir dürfen es nicht länger tolerieren, wenn Menschen sich weigern, für ihr Geld zu arbeiten. Das ist nicht nur eine Frage des Geldes, das ist eine Frage der Gerechtigkeit.“ Und es ist eine Frage des Schürens von Neid, Missgunst und Hass. Die Armen bluten zu lassen, ist armselig. Und sich bei der Treckerdemo hinzustellen, und verschiedene Gruppen von Menschen aufeinanderzuhetzen, auch.

Diese bei phoenix übertragene Demo war keine politische Sternstunde. Besänftigt hat sie jedenfalls niemanden.

-> Die Übertragung in der ARD-Mediathek (bis 15. Januar 2026)


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Kommentare

Eine Antwort zu „phoenix vor Ort: Großkundgebung von Landwirtschaft und Transportgewerbe“

  1. […] Christian Lindner hat am Montag in Berlin eine Rede bei der Bauerndemo gehalten – und da hatte er nichts Besseres zu tun, als die, die sowieso schon wenig haben, aufeinander zu hetzen. Und was hat unser Bundespräsi neulich eigentlich für eine seltsame Rede gehalten? […]

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