Philipp Mickenbecker – Real Life

DO 11.01.2024 | Netflix

Er war gerade mal 23, als er starb. Dabei hoffte Philipp Mickenbecker bis zum Schluss, dass er es schaffen wird. Am Ende wurde er dennoch vom Krebs besiegt.
Von seinem Leben, aber von seinem Sterben – davon erzählt die Doku „Philipp Mickenbecker – Real Life“ auf Netflix.

Mickenbecker war kein Unbekannter. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Johannes und Freunden betrieb er den Youtube-Kanal „The Real Life Guys“, auf dem sie verrückte Experimente gebaut und ausprobiert haben. Der Kanal wird auch heute noch weiterbetrieben, er hat mehr als 1,7 Millionen Abonnenten.
Philipp war 16, als er zum ersten Mal die Krebsdiagnose bekam. Bestrahlung, Therapie. Er konnte den Krebs besiegen. Drei Jahre später kam der Krebs zurück. Eine zweite Chemo lehnt er ab.
Nicht genug: Seine Schwester stirbt in dieser Zeit beim Absturz eines Kleinflugzeuges.
Wieso weiß niemand: Aber Philipp wird wieder gesund, zum zweiten Mal.
Im Sommer 2020 aber, da kehrte der Krebs wieder zurück, und diesmal mit voller Wucht. Endstadium. Die Ärzte geben ihm wenige Wochen. Es wird fast ein ganzes Jahr.

Der Film zeigt vor allem, wie Philipp und auch sein Umfeld mit der Krankheit umgegangen sind. Da ist einerseits seine Zuversicht. Aber es gibt Momente, da zweifelt er, da ist er selbst davon entsetzt, was sich da in seinem Körper tut.
Seine Kraft schöpft er aus dem Glauben, zu dem er gefunden hatte. Er wusste, Gott werde ihm helfen, einen Ausweg zeigen, ihn heilen. Er war sich sicher: Er wird wieder gesund.
Daraus wurde nichts.

Ein Kernstück der Doku ist Philipps Sterbetag. Zuerst bekommt er Besuch von Samuel Koch. Der Schauspieler sitzt seit seinem „Wetten, dass…?“-Unfall 2010 im Rollstuhl. Sie sprechen sich Mut zu.
Aber dann geht alles ganz schnell. Philipps Freunde draußen singen für ihn.
Als dann klar ist, dass er im Sterben liegt, kommen sie alle dazu.

Es sind Momente, die einerseits rührend sind. Während Philipps Gesichtsfarbe immer fahler wird, während er immer schwächer wird, beten seine Freunde für ihn. Andere warten. Weinen. Manche laufen hin und her.
Andererseits ist das alles extrem intim. Ein Mensch stirbt. Menschen trauern. Die Frage ist: War es wirklich nötig, die ganze Zeit draufzuhalten? Hat es einen Mehrwert, diesen Augenblick zu erleben?
Was aber interessant ist: Der Umgang mit Gott in diesem Moment. Gott wird von einigen in der Gruppe regelrecht angefleht. Und es wirkt gleichzeitig wie eine Überforderung in diesem Moment. Oder auch wie ein Entfliehen, wie eine Ablenkung. Wenn man nicht weiß, wie man mit dem Sterben umgehen soll.
Viele Leute halten diese Momente für eine besondere Nähe zu Gott, und sie sagen, dass es beruhigend sei, das so zu sehen. Ich finde diese Hektik eher befremdlich, und ich finde auch nicht, dass sie Werbung für den Glauben ist. Viel mehr erscheint es wie eine Panik, die damit irgendwie kanalisiert wird.

Direkt danach haben Philipps Freunde ein weiteres Video gedreht, in Gedenken an den Verstorbenen. Das fand ich nach der Veröffentlichung sehr rührend. Im Kontext zu dieser Doku, in der man sieht, wie Philipps Sterben medial begleitet wird, sie also die ganze Zeit damit beschäftigt waren, das alles zu dokumentieren, ist das irgendwie anders. Am Tag des Todes haben sie ihre Trauer fast permanent medial ausgewertet.
Das ist mindestens bemerkenswert.

-> Trailer auf Youtube
-> Der Film auf Netflix


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Eine Antwort zu „Philipp Mickenbecker – Real Life“

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