Alles anders machen – Das kurze Leben der Ost-taz

MI 25.10.2023 | 22.45 Uhr | rbb

Das wissen viele gar nicht mehr – oder, wie ich, wussten es gar nicht. 1990 gab es in Berlin zwei verschiedene Ausgaben der taz, der „tageszeitung“.

Es war im Februar 1990, die Mauer war ein Vierteljahr zuvor gefallen, dennoch war Berlin noch in Ost und West geteilt. Die Presselandschaft im Osten wurde frei, und es startete ein wohl beispielloses Zeitungsexperiment. Denn die taz startete die erste ost-west-deutsche Zeitungskooperation.

Ausgerechnet in den Räumen des ehemaligen Zentralkomitee der SED traf sich eine Gruppe von Menschen, die journalistisch arbeiten und ein neues Produkt an den Start bringen wollten. Die taz aus West-Berlin war es, die Aufbauhilfe leistete. Die Ost-taz war redaktionell ein eigenständiges Produkt, man hatte aber Zugriff auf alle Beiträge der West-taz.
Federführend waren in Ost-Berlin Jürgen Kuttner und André Meier. Ersterer wurde später mit seinen Sendungen im rbb-Radio und Fernsehen bekannt.

Doch die Art und Weise, wie Ost- und West-taz arbeiteten, war sehr unterschiedlich, die Mentalität eine ganz andere. Immer wieder kam es zum Streit. Andererseits verdiente die West-taz am Ost-Ableger sehr viel Geld, denn der DDR-Post-Zeitungsvertrieb kaufte dem Verlag Tag für Tag die gesamte Auflage ab – egal, wie viel wirklich verkauft worden ist.

Dennoch: Das Ganze dauerte nur bis zum Juni 1990. Noch vor der Währungsunion war Schluss für die Ost-taz, durch die rasante Annäherung der beiden deutschen Staaten, wurde die Ost-taz einerseits fast schon wieder überflüssig (auch wenn sie vielleicht sogar besser war als das Original), und vermutlich wäre sie nach der Währungsunion nicht mehr finanzierbar gewesen.

In der rbb-Doku „Alles anders machen – Das kurze Leben der Ost-taz“, die am Mittwochabend zu sehen war, kamen die Macher aus Ost und West zu Wort.
Es ist ein Stück deutsch-deutsche Wendegeschichte, die sehr spannend ist und einmal mehr zeigte, dass noch längst nicht alles erzählt ist.

-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 2. Januar 2024)


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