phoenix vor Ort: CDU-Grundsatzkonvent

SA 17.06.2023 | 9.30 Uhr | phoenix

Wieder mal rollt ein Shitstorm durch Deutschland – wobei inzwischen parallel diverse Shitstürme durchs Land rollen.
Einer trifft Claudia Pechstein. Der ehemalige Eislaufstar machte am Sonnabendvormittag mit einem Auftritt beim CDU-Grundsatzkonvent in Berlin auf sich aufmerksam. Bei phoenix wurde das Ganze live übertragen.

Sagen wir mal so: Redegewandt ist Claudia Pechstein nicht. Stotternd und sich immer wieder verhaspelnd rasselte sie ihre Rede runter. Bemerkenswert war aber auch, was sie sagte – und welches Outfit sie dabei trug. Sie hielt ihre Rede bei der CDU in der Uniform der Bundespolizei. Pechstein ist Bundespolizistin, ob sie nun beruflich ihre Rede hielt oder privat – keine Ahnung, was Frau Pechstein bewog, in Uniform zur CDU zu stiefeln, für die sie ja auch schon einer Wahl angetreten war.

Pechstein äußerte sich über Sportpolitik, aber nicht nur. Die Bundespolizistin redete auch davon, dass die Politik unbedingt abgelehnte Asylbewerber abschieben müsse. Es verstünde niemand, dass Menschen hierbleiben dürfen, die von einem Richter abgelehnt worden seien. Dafür bekam sie Applaus.
Man müsse rechtsstaatliche Rahmen dafür finden. Das würde auch die Arbeit der Polizei erleichtern und auch für mehr Sicherheit im Alltag der Menschen sorgen. In den Bussen müssten sich Frauen nicht mehr ängstlich umsehen. Viele, besonders ältere Menschen, würde das belasten.

Die AfD hätte das nicht besser formulieren können. Claudia Pechstein bedient hier rechtspopulistische Angstmachereien. Der Punkt zum Thema Abschiebungen ist eine Meinung, die man ohne Weiteres haben kann. Aber Asylbewerber gleichstellen mit: Vor denen müssen wir Angst haben? Vor denen bekommen Frauen im Bus immer Angst? Das ist pauschale Hetze. Und das von einer Bundespolizistin. Die Bundespolizei darf nicht beschönigen – aber auch keine Angstmachereien betreiben, verstärken oder Klischees salonfähig machen.

Ihrer Meinung nach werde darüber viel zu wenig gesprochen, viel weniger als ob man Gendersternchen brauche, oder ob ein Konzert noch „deutscher Liederabend“ heißen darf.
Hier wird es fast schon wunderlich, und fast möchte man fragen, ob die AfD die Rede für die Pechstein geschrieben haben könnte.
Wer nennt denn bitte ein Konzert „deutscher Liederabend“ – außer vielleicht irgendwelche Neonazis auf deutschen Liederabenden mit besonders teutschen Liedern? Das ist reines Populistensprech. Und mit der Erwähnung der Gendersternchen, die ja eigentlich besonders von den Populisten zu einem Thema hochgejazzt werden, hat sie denen auch noch mal die Seele gestreichelt.

Claudia Pechstein sei ein ausgesprochener Familienmensch. Aber natürlich gehören dazu Vater, Mutter, Kind. Die traditionelle Familie. Alles andere kann Frau Pechstein in ihrer sauberen Bundespolizistenuniform nicht so toll finden – ist ja nicht traditionell, und besonders um die hat sich die CDU zu kümmern.
Wieso sich die CDU nicht einfach um Familien kümmern kann – egal, wie die Zusammenstellung ist, die ihr ja wurscht sein kann – konnte Frau Pechstein leider nicht vom Zettel ablesen.
Wird die Bundespolizistin Pechstein also Schwulen und Lesben eher ungern zur Hilfe eilen, weil sie ja im Hinterkopf ihr ach so schönes Traditionsbild einer Mutter-Vater-Kind-Familie hat?

CDU-Chef Friedrich Merz fand das Gestottere natürlich dufte. Dabei war sowohl der Inhalt der Rede, als auch der Klamottenrahmen eher verstörend. Dass CDU-Anhängerin Pechstein in Bundespolizeiuniform eine AfD-Rede hält, ist eher kein gutes Zeichen für die deutsche Polizei. Und für die Pechstein selbst sowieso nicht. Dieser Shitstorm trifft sie zurecht.

-> Die Rede bei phoenix auf Youtube


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