Zugewachsene Gleise: Es kommt kein Zug von nirgendwo

Seit Ende 1997 ruht der Bahnverkehr nach Liebenwalde – aber immerhin tut sich sehr bald etwas im alten Bahnhof – dort soll die Stadtkultur einziehen

MAZ Oberhavel, 27.3.2023

Liebenwalde.
Wer an der Liebenwalder Ladestraße an den Gleisen der Bahn steht, muss keine Angst haben – jedenfalls nicht vor einem anrollenden Zug. Denn dort fährt seit dem 1. Dezember 1997 kein Zug mehr. Die Heidekrautbahn endet in Wensickendorf.
Zwischen den Gleisen in Liebenwalde, kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof, wachsen inzwischen Bäume. An einigen Stellen fehlen Teile der Gleise. An anderen Stellen sind sie bereits von Gras überwuchert. Auf dem Bahnsteig selbst erinnert zwar das Bahnhofsgebäude an sich daran, dass sich hier mal ein Haltepunkt – die Endstation – der Heidekrautbahn befand, ansonsten gibt es aber keinerlei Schilder. Die Bahnsteigkante führt ins zugewachsene Gleisbett.

Die Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) will den Streckenabschnitt zwischen Wensickendorf und Liebenwalde gern reaktivieren. Am 2. Juni 2022 fuhr ein Sonderzug von Basdorf nach Kreuzbruch und zurück – um auf die im Dornröschenschlaf befindliche Strecke aufmerksam zu machen. Mit dabei war auch Liebenwaldes Bürgermeister Jörn Lehmann (parteilos). Hat sich seitdem was getan? „Nicht wirklich“, sagte er am Freitag in einem MAZ-Gespräch. „Es gibt immer mal wieder Gespräche.“ Es gehe jetzt darum, valide Zahlen zu bekommen, „was eine Rekonstruktion der Strecke kosten würde.“ Allerdings sei die NEB derzeit mit den Arbeiten am Südast der Heidekrautbahn nach Berlin-Wilhelmsruh beschäftigt, so Jörn Lehmann weiter.

Es gebe ein Gutachten seitens des Landes – mit nicht ganz so guten Zahlen, was die Nutzung der Strecke angehe. Was den Bürgermeister daran ärgert, ist, dass dafür nicht mal in der Kommune vorgesprochen worden sei. „Es wurden keine Entwicklungstendenzen abgefragt. Das ist ein befremdliches Vorgehen.“ Er verweist darauf, dass Liebenwalde steigende Einwohnerzahlen vorweisen könne.

Aber dennoch wird sich in nächster Zeit was tun – nämlich im Bahnhof selbst und auf der Ladestraße. „Wir haben die Entscheidung getroffen, den Bahnhof zu erwerben. Auch, um ein Zeichen zu setzen“, erklärt Jörn Lehmann. „Wir wollen nicht, dass er abgerissen wird.“ Stattdessen solle er zu einem Bürger- und Kulturbahnhof umgebaut werden. „Wir sind im Ausschreibungsprozess.“ Der Bürgermeister hofft, dass Ende April die Gerüste am Bahnhofsgebäude stehen.
Im dann umgebauten Bahnhof sollen dann die Senioren eine neue Begegnungsstätte bekommen. Der abgebrannte Güterschuppen soll in Kubatur neu errichtet werden. Es entstehe dann ein Festsaal für etwa 80 Personen. „Der Kulturverein könnte den bespielen, aber auch für größere Familienfeiern ist er dann nutzbar.“ Jörn Lehmann denkt auch an kleine Konzerte oder Lesungen.
Etwa vier Millionen Euro soll der Umbau kosten. Hinzu kommt die Sanierung der Außenanlagen. Auch die Ladestraße wird umgebaut. „Dafür haben wir aber noch keine valide Zahl“, sagt der Bürgermeister.
Aber er sagt auch: „Was lange währt, wird gut. Wir sind da auf einem guten Weg, auch wenn es länger dauert, als ich es erwartet habe.“ Man stimme jeden Schritt mit der NEB ab. „Die sind ein verlässlicher Partner.“

Zudem will Jörn Lehmann die Idee einbringen, dass die Strecke nach Kreuzbruch zumindest ein- bis zweimal im Jahr für Sonderfahrten genutzt wird – zum Beispiel für Touren mit historischen Zügen. So würden wenigstens die Gleise bis dorthin nicht zuwachsen.


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