Wie geht Wir? Experiment am Berg

MO 07.11.2022 | 20.15 Uhr | Das Erste

Und dann bricht der AfD-Mann in Tränen aus und entschuldigt sich bei seiner lesbischen Tourbegleiterin. Und beschließt, aus der AfD auszutreten.
So schnell kann eine Doku eine interessante Wendung finden.

„Wie geht Wir?“, lautete die Frage am Montagabend im Ersten. Bei einem „Experiment am Berg“ ging es aber um mehr als eine gemeinsame Klettertour.
Sechs Leute ohne Bergsteigererfahrung sollten gemeinsam einen Viertausender besteigen – es ging eben darum, um das Gemeinsame. Um die gegenseitige Hilfe, die gegenseitige Rücksicht. Ein Team zu werden. Dazu gehörte aber auch, sich zu verständigen: Wer ist der oder die andere?

Mit dabei war eine Flüchtlingsfrau, ein Unternehmer, eine Klima-Aktivistin, ein AfD-Lokalpolitiker, eine lesbische Theater-Regisseurin und ein schwuler Fahrradkurier.
Man merkte schon sehr schnell: In dieser Doku ging es um mehr als um das Bergsteigen, nämlich um die Suche nach dem Wir. Das ist auch das Thema der ARD-Themenwoche.

Die sechs Leute kamen abends schnell ins Gespräch und bemerkten, wie unterschiedlich sie sind. Der Unternehmer war empört über die Klima-Aktivistin, die erzählte, dass sie auch zu den Autobahn-Klebern gehöre. Alle waren verwundert, dass der Zweiradmechaniker in der AfD ist. Weshalb die Flüchtlingsfrau das Experiment nach Tag 1 verließ, weil sie nicht mit der AfD rede. Die anderen konnten sie nicht überreden.
Dabei ging es ja genau darum, mögliche Spaltungen zu überwinden, im Gespräch zu bleiben. Was bewegt den anderen, warum tut er/sie das, was er/sie tut? Der Unternehmer war der festen Ansicht, dass es wichtig sei, im Gespräch zu bleiben. Ansonsten drifte die Gesellschaft weiter auseinander.

Diese Doku zur Primetime war ein echtes Lehrstück. Mit voller Absicht kamen für das Experiment Randgruppen zusammen, damit sie ein Wir bilden. Eine ist ausgestiegen, ansonsten aber hat das aber auf eine sehr spannende Weise funktioniert.
Und mitten auf dem Berg brach der AfD-Mann in Tränen aus. Als er erfahren habe, dass eine Lesbe dabei, habe er schlimme Vorurteile gehabt, die sich nicht bestätigt hätten. Er wolle sich entschuldigen, und überhaupt erzählte er, dass er in seinem Dorf ganz sicher nicht auf solche Leute getroffen wäre und sich auf sie eingelassen hätte. Und in der Tat: Er beschloss, aus der AfD auszutreten, weil sie ja gerade dafür nicht steht: für ein Miteinander mit allen Menschen. Ziemlich sicher findet man diesen Film bei der AfD aus vielen Gründen nicht so dufte.
Somit war die zweite Erkenntnis, die aber auch nicht neu ist: Was man nicht kennt oder nicht erlebt, davor hat man Angst. Hat man aber plötzlich solche „Randgruppen“ im eigenen Umfeld, bildet man sich oft eine andere Meinung.

-> Die Doku in der ARD-Mediathek (bis 7. November 2023)


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Kommentare

2 Antworten zu „Wie geht Wir? Experiment am Berg“

  1. ThomasS

    Die AfD Vorsitzende Alice Weidel lebt ihre Homosexualität offen aus. Das scheinen noch nicht alle Parteimitglieder mitbekommen zu haben.

  2. RT

    Es wird einerseits ein bisschen ignoriert, und andererseits wird so getan, als sei das ein Zeichen, wie „weltoffen“ die AfD sei. Dabei ist es einfach nur heuchlerisch.

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