Rheingold

In Deutschland hatte der Rapper Xatar zwei Nummer-1-Alben. Er ist ein erfolgreicher Musiker, aber auch ein ebenso erfolgreicher Unternehmer.
Aber wer war Xatar vor dieser Zeit? Was hat er getrieben? Um es einfach zu eigen: Offenbar nicht viel Gutes.
Fatih Akin hat – basierend auf Xatars Autobiografie „Alles oder Nix: Bei uns sagt man, die Welt gehört dir“ von 2015 – eine Art filmisches Porträt vorgelegt, das allerdings alles andere als schmeichelhaft ist: „Rheingold“.

Der Film beginnt mit der Geburt Giwar Hajabi alias Xatar. Inmitten des Kriegsgeschehens im Iran, in einer einsamen bringt ihn seine Mutter ganz alleine zur Welt. Die Familie flüchtet später erst in den Irak, dann nach Frankreich und weiter nach Deutschland. Sein Vater erhofft sich an der Oper in Bonn eine Karriere als Komponist und Dirigent.
Der junge Giwar (Ilyes Raoul) nimmt Klavierstunden. Er ist schlaksig, verkauft Drogen, kann sich aber gegen die starken Jungs kaum durchsetzen, wird eines Tages heftig verprügelt. Er beschließt sich zu wehren und macht Kraft- und Kampftraining.
Er will Rache, und eines Tages ist es soweit. Giwar (nun älter: Emilio Sakraya) verprügelt alle, die ihn damals getreten haben. Es ist der Beginn einer bemerkenswerten „Verbrecherkarriere“. Drogenverkauf, Gewaltexzesse, Haftbefehl und Flucht in die Niederlande. Er wird Türsteher, gerät in zwielichtige Kreise. Schließlich raubt er mit Freunden einen Goldtransporter aus. In Syrien komtm er in Haft, wird gefoltert, kommt in Deutschland schließlich in Haft.
Immer wieder ist aber die Musik ein Thema auf seinem Weg. Er studiert Musikmanagement, und im Knast nimmt er schließlich Rap-Nummern auf.

Der Junge hat ordentlich was auf dem Kerbholz. Das ist für den Zuschauer durchaus eine Herausforderung. Denn grundsätzlich bekommt Giwar durchaus Sympathie. Und grundsätzlich kommt man als Zuschauer in Deutschland auch auf den Gedanken, wie gut es den meisten hier geht: Allein die Kriegsszenen am Anfang sind bedrückend, Giwar wächst erst im Krieg und dann in Armut auf.
Sympathie auch deshalb, weil Giwar/Xatar von Ilyes Raoul echt gut und später von Emilio Sakraya hervorragend dargestellt wird. Im wahren Leben sind die beiden übrigens Brüder.
Umso schockierender sind die Gewaltexzesse, die man mit ansehen muss. Als zwei Männer mit ihrem Auto an der Ampel auf Giwars Lieferwagen knallen, verprügelt er sie gnadenlos, einen von ihnen krankenhausreif. Dazu die Drogen, die ganz allgemeine Rohheit und Gewalt. Ging es anfangs darum, Geld zu beschaffen und um die eigene Ehre zu kämpfen, ist es später schwierig, Motive auszumachen.
Als ganz am Ende ein scheinbar geläuterter Giwar/Xatar aus dem Knast kommt, ist leider vollkommen unklar, warum er nun ein Guter sein soll. Seine Tochter fragt ihn, ob er ein Krimineller sei. Xatar bejaht das, aber da sei ja lange her.
Fatih Akin und der Film „Rheingold“ beantworten die Frage nicht, warum Xatar nun offenbar nicht mehr so ist wie im Film dargestellt. Oder ist er noch so?
So bleiben am Ende mehrere Empfindungen: Erstens, der Film ist unglaublich fesselnd, er ist spannend, er ist zeitweise unglaublich abstoßend, manchmal aber auch lustig. Zweitens, die Figur Xatar bleibt ein Rätsel. Gezeigt wird der brutale, kriminelle Typ, der scheinbar kaum Selbstzweifel hat – und das bleibt haften. Der Film vermittelt im Grunde ein durchweg schlechtes Bild von ihm und gibt dem – wenn er es denn ist – geläuterten Künstler und Unternehmer am Ende kaum Raum. Und wenn, dann nicht so richtig glaubhaft.
Fazit: Als Film richtig gut. Als Biografie eines real existierenden Menschen am Ende aber sehr fragwürdig.

-> Trailer auf Youtube

Rheingold
D 2022, Regie: Faith Akin
Warner, 140 Minuten, ab 16
8/10


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