Paul Kohl: Sie waren nie weg

Opladen bei Leverkusen, Himmelfahrt 1951. Die Bundesrepublik erblüht nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges langsam wieder. Männer, die im Krieg kämpften, kehren aus der Gefangenschaft zurück. Irgendwie wollen und müssen sie sich wieder in den Alltag integrieren, was nicht so einfach ist.
Der junge Ludwig spürt die Gegensätze der Zeit – auf der einen Seite der Aufbruch, auf der anderen Seite die Nazis, die sich wieder überall breit machen. Er lernt einen Verleger kennen, der in seine FDP Altnazis aufnimmt und einen nationalsozialistischen Kreis unterstützt. Er verliebt sich in Luise, eine junge jüdische Buchhändlerin, die das KZ überlebt hat. Auch durch sie bekommt er neue Sichtweisen.

Paul Kohl behandelt in seinem Roman „Sie waren nie weg“ eigentlich ein extrem wichtiges und auch spannendes Thema. Wie die Bundesrepublik wieder auf die Beine kam – und wie sie das mit großer Hilfe von Nazis schaffte. Wie ein Land wieder aufgebaut wurde, mit Schlagern beschallt, und im Untergrund (und nicht nur da) schaffen sich die Nazis wieder Netzwerke.
Das Problem: Der Schreibstil ist wahnsinnig trocken und altbacken. Immer wieder gleitet der Autor in die Vergangenheit ab mit langen Abhandlungen über Menschen und Gegebenheiten. Am Anfang beginnt jedes Kapitel mit einer Zeitangabe und den Nachrichten. Wenn man denkt, so geht es immer weiter, irrt – irgendwann fallen diese Angaben einfach weg, als habe der Autor die Idee beim Schreiben verworfen. Mitunter albern wirken die ständig eingestreuten Liedtexte, auch wenn sie die Zerrissenheit zeigen sollen. Aber die Art und Weise, wie Kohl sie platziert, ist einfallslos.
Die handelnden Personen bleiben dem Leser sehr fern, die sehr nüchterne Art zu schreiben, macht eine Annäherung sehr schwer. So bleibt die Erkenntnis: Spannender Stoff, leider unspannende Umsetzung. Sehr schade.

Paul Kohl: Sie waren nie weg
emons, 447 Seiten
2/10


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