André Aciman: Find me – Finde mich

Der Film „Call me by your Name“ war 2018 ein Überraschungserfolg im Kino. Die Geschichte über den 17-jährigen Elio, der sich in den 24-jährigen Hausgast Oliver verliebt und die dann einen gemeinsamen Sommer erleben, hat viele bezaubert, und immer wieder rufen die Fans, dass sie eine Fortsetzung wollen. Dass der entsprechende Roman bald erscheinen würde, ging gerüchteweise schon länger rum.
Nun ist im dtv „Find me – Finde mich“ erschienen. Von André Aciman, dem Autor von „Call me by your Name“, und der Verlag tut auf dem Buchrücken alles dafür, das Buch als die große Fortsetzung des ersten Teils zu verkaufen. Das ist sie allerdings nur bedingt, und viele Fans äußern sich jetzt schon in den Foren enttäuscht bis erbost.
Bis nämlich Elio überhaupt im Buch auftaucht, ist man schon auf Seite 124. Dass Fans da mindestens irritiert reagieren, sollte nicht verwundern.

Der Roman besteht genau genommen aus drei Teilen. Im ersten Teil geht es um Samuel, Elios Vater. Er ist mit dem Zug unterwegs zu seinem Sohn und lernt dort die sehr, sehr viel jüngere Miranda. Sie kommen ins Gespräch, und bald ist klar: Da ist mehr. Sie nimmt ihn mit zu ihrem Vater, sie verlieben sich.
Im zweiten Teil begleiten wir Elio. Seit damals sind 15 Jahre vergangen. Oliver ist immer noch in seinen Gedanken. Bei einem Konzert lernt er den sehr viel älteren Michel kennen. Er merkt gleich, dass er starke Gefühle für ihn hat, und eigentlich haben sie sich eine Woche später verabredet, aber schon einen Tag später treffen sich die beiden wieder.
Im dritten Teil begegnen wir Oliver, und am Ende kommt es tatsächlich zur Begegnung von Elio und Oliver.

„Find me – Finde mich“ ist, vorsichtig gesagt, ein merkwürdiges Buch. Mit seiner großen Fortsetzungsankündigung legt der dtv die Messlatte sehr hoch, und der Leser wird extrem enttäuscht. Denn wer erwartet, etwas über Elio und Oliver zu erfahren, will nciht über 120 Seiten lang die Geschichte von Samuel lesen, der auf eine sehr junge Frau steht und sich Gedanken darüber macht, was er im Bett mit ihr machen möchte. Durch die Erwartungshaltung ist fast die komplette erste Hälfte des Buches schlicht uninteressant. Dieses Kennenlernen ist zudem extrem langgezogen, diese Länge gibt die Story nicht wirklich her.
Die Story um Elio, der den älteren Herrn kennenlernt, entschädigt auch nicht wirklich, ist aber immerhin tatsächlich so was wie eine Fortsetzung, auch auch sie mitunter etwas befremdlich ist.
Die Story um das Zusammentreffen von Elio und Oliver erfolgt nur auf den letzten Seiten, und die wirkt wie vom Verlag bestellt und vom Autor nur missmutig umgesetzt. Dieses Treffen kommt aus dem Nichts, ist lapidar erzählt und ist eine blanke Enttäuschung. Das als die große Fortsetzung anzupreisen, ist fast schon unseriös, denn mehr als ein PS ist es eigentlich nicht.

André Aciman: Find me – Finde mich
dtv, 295 Seiten
4/10


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert