Berlin Alexanderplatz

Francis (Welket Bungué) ist 30, er kommt aus Guinea-Bissau. Er kam mit einem Boot aus Westafrika nach Europa. Seine Geliebte überlebt diese Fahrt nicht. Nun liegt er da, am Strand, und sagt: Er will ein besserer Mensch werden. Anständig sein.
Er kommt nach Berlin, in ein Asylbewerberheim. Er arbeitet illegal auf einer Baustelle am Alexanderplatz, nach einem Zwischenfall wird er gefeuert. Auch ins Asylbewerberheim kann er nicht mehr.
Drogendealer Reinhold (Albrecht Schuch) nimmt ihn bei sich zu Hause auf. Reinhold, leicht gestört und neurotisch, und Francis werden auf eine merkwürdige Art Freunde. Er nennt Francis fortan Franz. Francis, also Franz gerät in den Drogen-Dunstkreis. In einem Club lernt er eine Frau kennen und verliebt sich. Eigentlich will Franz Abstand von Reinhold, der aber nimmt ihn mit zu einem Einbruch, der misslingt. Auf der Flucht schmeißt er Franz aus dem Auto.
In der Klinik beschließt Franz: Er will ein besserer Mensch werden. Anständig sein.
Er lernt Mieze (Jella Haase) kennen, zieht zu ihr. Aber erneut versucht Reinhold auf perfide Weise, in Franz‘ Leben zu dringen.

Burhan Qurbani hat die 2020er-Version von Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“ geschaffen und in die heutige Zeit übertragen. Der Kleinkriminelle ist in diesem Fall der Asylbewerber Francis, der in Deutschland Fuß fassen will, aber immer wieder in die Kriminalität abdriftet. Verschuldet und unverschuldet. Zwischen erschreckend niedriger Menschenkenntnis und völliger Fehleinschätzung und Selbstüberschätzung. Man weiß nicht mal, ob man mit ihm Mitleid haben sollte, denn es sind eher die Leute in seinem Umfeld, denen er wehtut. Mieze muss ausbaden, was Francis/Franz nicht hinbekommt.
Drei Stunden nimmt sich der Film für diese Geschichte Zeit. Das ist eine unfassbar lange Zeit, aber die vergehen erstaunlicherweise wie im Flug. Denn die Geschichte ist auf eine seltsame Weise faszinierend und packend. Burhan Qurbani schafft es, Stimmungen und Spannungen zu übertragen.
Eine Wucht ist Albrecht Schuch in der Rolle des ziemlich irren und wirren Reinhold. Leicht gebeugt mit hoher Stimme und durchdringendem Blick ist er die eigentliche Hauptattraktion. Völlig zurecht hat er dafür die Lola 2020 bekommen. Aber auch Welket Vungué spielt toll, wenn auch die Rolle das Problem hat, nie zu einem echten Sympathieträger zu werden – dafür verbaut sich Francis einfach zu viel. Dabei kommt „Berlin Alexanderplatz“ aber ohne erhobenen Zeigefinger aus. Das Urteil muss sich der Zuschauer schon selber bilden.

-> Trailer auf Youtube

Berlin Alexanderplatz
D 2019, Regie: Burhan Qurbani
eOne, 183 Minuten, ab 12
8/10


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert