SA 16.05.2020 | 20.15 Uhr | Das Erste
Litauen gewinnt den Eurovision Song Contest 2020. Nicht.
Also, eigentlich doch. Aber eigentlich auch nicht richtig. Sondern nur in Deutschland.
Normalerweise meldet sich Barbara Schöneberger am ESC-Abend live von der Hamburger Reeperbahn für den Countdown zur eigentlichen Show. Doch der Eurovision Song Contest 2020 in Rotterdam findet wegen des Coronavirus nicht statt.
Es hat nach der Absage ein bisschen gedauert, aber dann rückte der NDR mit dem Konzept für eine Ersatzshow raus. Und so lud Barbara Schöneberger trotzdem ein – in die leere Elbphilharmonie zum deutschen Finale der Herzen.
Am Sonnabend davor gab es auf one das Halbfinale, dort sind aus den 40 Songs – Deutschland selbst blieb außen vor – zehn gewählt worden, die es ins deutsche Finale geschafft haben.
Somit wehte dann doch noch ein ordentlicher Hauch ESC in Deutschland – und in diesem Fall das Original. Währenddessen veranstaltete ProSieben gleichzeitig den von Stefan Raab ins Leben gerufene „Free European Song Contest“, aber den ließ man weitgehend links liegen.
Immerhin hat der NDR es geschafft, von den zehn Finalisten drei in die Elbphilharmonie zu holen. Die Isländer waren da, ebenso die Litauer und die Dänen. Wobei die Isländer mit ihrem Song „Think about Things“ überraschten – war sie doch ganz anders, langsamer als die eigentliche Version. Womit sie sich vermutlich auch einige Punkte verscherzten.
Eine Fachjury und das Publikum vergaben dann die Punkte – allerdings erst nach fünf (!) Schnelldurchläufen, angeblich weil die Ergebnisse so eng waren. Zwischendurch lief noch die „Tagesschau“, die aber die Stimmung ziemlich ruinierten und einfach nur ein an der Stelle unnötiger Fremdkörper war.
Die Fachjury vergab die zwölf Punkte an Island – und man kann davon ausgehen, dass die Jury gar nicht den Live-Auftritt bewertet hat, sondern den Vorab-Clip, der sehr viel mehr Wumms hatte und viel cooler war. Darüber könnte man sich aufregen, aber es war ja am Ende immer noch nur ein Wettbewerb der Herzen.
Auch Ben Dolic konnte endlich zeigen, wie denn sein Live-Auftritt beim Eurovision Song Contest 2020 ausgesehen hätte – und lieferte damit die größte Enttäuschung dieses Abends. Sein Song „Violent Thing“ ist zwar immer noch gut hörbar. Aber seine Performance war mehr als mau. Dolic hat kaum Körperspannung, seine Bewegungen wirkten sehr einstudiert und statisch, seine Stimme relativ dünn. Damit wäre Deutschland sicherlich nicht in den Top 10 gelandet. Aber vielleicht hat er sich auch nur nicht wirklich Mühe gegeben. Allerdings hat sich Ben Dolic damit nicht für den ESC 2021 empfohlen.
Es war sicherlich nicht ein gleichwertiger Ersatz für die große ESC-Show. Aber es war dennoch schön, dass in der Live-Show aus Hamburg einige Stars des 2020er-Jahrgangs aufgetreten sind. Und ein Hoch auf Barbara Schöneberger, die mit Witz, Selbstironie und großer Souveränität durch den Abend geführt hat. Es gibt wohl kaum eine bessere Entertainerin in Deutschland.
-> Die Show in der ARD-Mediathek (bis 16. Juni 2020)
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