Die Geschichte eines Abends

FR 06.12.2019 | 0.00 Uhr (Sa.) | NDR

Wie ist es eigentlich, wenn man 97 ist? Wie denkt man dann über das Leben? Und wie denkt man über den Tod? Wie verbringt man seinen Tag? Wovon träumt man mit 97?
Olli Schulz wollte es wissen. Der Liedermacher und Podcaster besuchte für die Sendung „Die Geschichte eines Abends“ eine Seniorenresidenz in Hamburg. Es ist sein Wunsch gewesen, eine Sendung zu machen, die sich mit alten Menschen befasst. Oder besser: In der er sich mit alten Menschen unterhalten kann.
Herausgekommen ist ein herausragender Film, eine wunderbare Doku.

So sitzt Schulz mit zwei Frauen und zwei Männern am Esstisch, und sie unterhalten sich. Herr Zielke (97) zum Beispiel, er hatte ein gutes Leben, jetzt hat er Krebs, aber er lässt nichts mehr machen. Sie sprechen darüber was sie alle erlebt haben und wie sie die heutige junge Generation erleben. Möchten sie noch mal jung sein? Interessanterweise gibt es darauf keine eindeutige Antwort von den Senioren. Sie sagen, die jungen Leute heute haben es auch nicht einfach, die viele Technik und so. Und sie seien froh, wenn sie morgens aufstehen, wenn sie einigermaßen gut drauf sind und ihren Tag leben können. Herr Reimer sagt, dass der Körper nicht mehr so wolle, die Arme seien schlabbrig. Aber Sport muss er deswegen doch nicht machen.
Am Ende sitzen sie alle entspannt im Zimmer einer der Seniorinnen. Die Runde ist gut drauf, und am Ende verabschieden sich alle herzlich.

Olli Schulz hat sich wirklich sehr für das interessiert, was er gefragt hat. Die fast 100-Jährigen gaben ihm Mut, nicht so viel über das Altwerden nachzudenken, keine Angst zu haben. Andererseits muss man sich im Alter mit dem Tod befassen. Schon allein deshalb, weil immer mehr Freunde und Partner sterben und man immer mehr alleine ist. In der Seniorenresidenz finde man aber auch immer neue Bezugspersonen, wenn man denn möchte.
Sicherlich sind diese Senioren gut situierte Menschen. Aber darum geht es auch in dieser Doku nicht. Es geht darum, keine Angst zu haben, alt zu werden. Wobei auch diese Doku diese Angst nicht nehmen kann. Der Gedanke, dass es im Grunde jeden Tag vorbei sein kann, dass der Tod mit 97 ziemlich nahe ist, mit dem kann man sich nur schwer anfreunden. Dass es aber diese Doku gibt, in der man diesen lieben Menschen einfach mal zuhören kann, in der sich Olli Schulz auf Augenhöhe mit ihnen unterhält, das ist hervorragend.

Der NDR strahlte die Doku am sehr späten Freitagabend um Mitternacht aus. Das ist ein etwas undankbarer Sendeplatz. Aber andererseits erreichte er auch dort erstaunlich und erfreulich viele Zuschauer, und auch auf Youtube ist diese Doku ein riesiger Erfolg. Schon nach zwei Tagen hat sie dort fast 270.000 Klicks.

-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 7. Dezember 2020)


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