SA 13.04.2019 | Velten, Ofenstadthalle
Die Volksmusik hat im deutschen Fernsehen kaum noch eine Lobby. Sie findet kaum noch statt. Das kann man gut finden oder, nun ja, ein bisschen weniger gut.
Wer in den 90ern den Fernseher eingeschaltet hat, wird in diversen Volksmusiksendungen immer wieder auch auf die Kastelruther Spatzen getroffen sein. Ihre Heile-Welt-Songs kommt vor allem beim älteren Publikum gut an.
Am Sonnabend kamen die Spatzen in die Veltener Ofenstadthalle. Schon eine Stunde vor Konzertbeginn gab es eine lange Schlange vor dem Einlass.
Fragt man die Senioren, warum sie gekommen sind, sagen sagen sie: wegen der schönen Texte. Die Musik sei gut. Und so manche Besucherin kann sogar davon berichten, dass sie bereits in Kastelruth war, um den Norbert dort mal zu besuchen.
Googelt man nach Norbert Rier, dem Frontmann der Kastelruther Spatzen, springen einem dramatische Schlagzeilen in die Augen: „Schon viermal wäre er fast gestorben!“, heißt es da in einem Artikel vom vergangenen Jahr. Da ist von mehreren Unfällen und einer schweren Herz-OP die Rede. Aber der 59-Jährige hat sich davon erholt. Am Sonnabendnachmittag kamen 800 Menschen zur Show. Ausverkauft. Mehr wäre nicht gegangen.
Bevor die Spatzen kamen, trat noch Michael Heck im Vorprogramm auf. Mit einer Gitarre im Schlepptau brummte er seine Songs und erinnerte damit an Ronny, der vermutlich auch mit einer brummig-schmusigen Stimme schmusige Lieder sang. Muss man mögen. Praktisch war, dass Heck seine Band auf CD dabei hatte, da fiel es auch gar nicht auf, wenn er mitten im Song mal aufhörte, Gitarre zu spielen. Ob er überhaupt Gitarre spielen kann, wäre mal eine Nachfrage wert.
In der Zwischenzeit konnten sich Fans zum Meet and greet einfinden. Und so ändern sich die Zeiten: Ich kann mich erinnern, dass es früher bei Konzerten mit den Stars oft so ein „Meet and greet“ gab. Fans trafen ihre Stars – meist wurde sowas verlost. Heute müssen die Fans dafür extra zahlen, wenn sie ihre Lieblinge treffen möchten – einen guten Zwanziger kostet sie das zusätzlich. Was sie dafür bekommen? Bei den Kastelruther Spatzen in der Veltener Ofenstadthalle war das am Sonnabendnachmittag so: Die drei Gewin …, äh, Käufer des „Meet and greet“ (heißt so viel wie „Treffen und grüßen“) wurden in einen Versammlungsraum gebeten, in dem es stark nach Essen roch. Kurz zuvor hatten die Volksmusiker dort wohl noch gespachtelt. Die Fans waren aufgeregt – ein bisschen. Dann kamen Norbert Rier und seine Kastelruther Spatzenkollegen. Händeschütteln, Smalltalk, anstoßen mit Sekt, Gruppenfoto – und weg. Ziemlich routiniert abgespult. Manchmal drehte sich Norbert mitten im Gespräch weg. Fand er scheinbar nicht besonders interessant, das Ganze. Ein Pflichtprogramm, für das sich die Musiker gut bezahlen lassen. Kann man dafür mehr erwarten? Bestimmt.
Es dauerte nur wenige Minuten, die leicht enttäuschten Backstagefans waren noch gar nicht zurück in der Halle, da standen die Spatzen auch schon auf der Bühne. Gut zwei Dutzend Songs wurden gespielt. „Genieße den Augenblick und sei dankbar für alles, was du erleben kannst“, sagte Norbert Rier zum Publikum. Routiniert spielten die Musiker ihre Stücke. Worum es geht, erzählte der Sänger auch: „Um Probleme, mit denen sich die Leute beschäftigen.“ Ein Lied sei zwar nur drei Minuten lang, aber könne Anstöße geben.
Beim Lied „Das bist das Gold in meinen Herzen“ sah man im Hintergrund den Norbert mit seinen Pferden. Ach, wie schön.
Fans finden das Konzert mit den Kastelruther Spatzen vermutlich völlig in Ordnung, vielleicht sogar gut. Aber eigentlich spulen die Musiker ihr Konzert eher uninspiriert runter. Wie viel Musik tatsächlich live kommt und wie viel aus der Konserve, ist ebenfalls fraglich.
Fans der Volksmusik zahlen relativ viel Geld für so ein Konzert. So richtig viel Liebe und Herzblut bekommen sie dafür nicht wirklich zurück.
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