Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss

MI 09.01.2019 | 22.00 Uhr | SWR-Fernsehen

Als „Holocaust“ 1979 erstmals im deutschen Fernsehen lief, da löste der US-Vierteiler einen Gefühlserdrutsch aus. Vorher waren die Verbrechen im Dritten Reich und die organisierte Tötung der Juden kaum ein Thema in der Bundesrepublik. Dann kam „Holocaust“, und die Skepsis vorher war groß: Kann eine eher soapige Darstellung der Geschichte für Aufklärung sorgen? Müssen das nicht Dokus und Diskussionssendungen leisten?
In der ARD war die Skepsis so groß, dass man sich nicht dazu durchringen konnte, den Vierteiler im Ersten Programm ausstrahlte. Stattdessen liefen die Filme in den zusammengeschlossenen Dritten.
Das Echo war riesig. Die Leute waren berührt, entsetzt und beschämt. Sie litten mit, sie trauerten mit. „Holocaust“ sorgte dafür, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht nur in Deutschland eine andere wurde.

Ich habe „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ irgendwann Anfang der 90er gesehen, ich war ein Teenager. Aus der Oranienburger Bibliothek lieh ich mir die Videokassetten aus.
Bald war ich gebannt. Es war spannend zu sehen, was mit den Menschen in diesem Vierteiler passiert, und in Teil 4, wenn das Ende naht und die Familie quasi ausgelöscht wird… Ich habe an einigen Stellen sehr geweint. Es hat mich extrem getroffen, was dort geschah. Ich konnte diesen Wahnsinn – der ja in diesem Fall fiktiv ist, aber ja auch in Wirklichkeit stattfand – nicht fassen.

2019. NDR, WDR und SWR wiederholen „Holocaust“ zum 40. Austrahlungsjubiläum. Der SWR ist am Mittwochabend eingestiegen. Leider haben die Dritten dafür nur Sendeplätze am späteren Abend.
Denn auch nach 40 Jahren sind diese Filme wichtig. Um zu zeigen, was war. Aber auch um zu zeigen, was nie mehr passieren darf. Und das in Zeiten, in der die Rechtsextremen wieder in die Mitte der Gesellschaft rutschen, in der Andersdenkende schleichend wieder diskriminiert und mundtot gemacht werden sollen. Denn so hat es damals auch angefangen, bevor der eigentliche Wahnsinn begann.


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Kommentare

20 Antworten zu „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“

  1. ThomasS

    1979 haben sich die TV-Sender noch gescheut, das heiße Eisen anzupacken.
    Da lagen die Auschwitz-Prozesse bereits 16 Jahre zurück. Wer wollte, hätte sich schon 1963 ein Bild von der Grausamkeit des Holocaust machen können. Aber da haben viele noch gelebt, die unter dem NS-Regime eine mehr oder weniger aktive Rolle gespielt haben und die davon nix mehr wissen wollten. Das mag auch 1979 noch der Fall gewesen sein. Den Durchbruch hat erst die nachfolgende Generation erzielt, die als „Achtundsechziger“ Furore gemacht hat und die seit den 1990ern am Drücker ist.

    Heute nach 40 Jahren ist alles anders. Der Zuschauer ist mit den Themen Nationalsozialismus und Holocaust geradezu übersättigt. Es gibt mittlerweile ja ganze Sender, die sich auf Dokus zum Nationalsozialismus spezialisiert haben.
    Was es damals an Aufklärung zur NS-Zeit zuwenig gab, schlägt heute ins andere Extrem um.

    Stimmen, die sagen, dass das zuviel des Guten ist, sollte man ernst nehmen, ohne sie spontan ins rechtsradikale Lager zu verbannen.
    Denn diese Überfütterung kann auch ins Gegenteil umschlagen.
    Die damals aktiv mitgemacht haben, sind heute jenseits der 90 und werden bald das Zeitliche segnen. Und auch die waren damals noch Jungspunde und wussten nicht wirklich, was sie taten.

    Wenn heute ein junger Mensch fragt, „Was hat das alles mit mir zu tun?“ … dann, so finde ich, sollte man sich in Ruhe eine intelligente Antwort überlegen, anstatt ihn reflexartig zu beschimpfen.

  2. ThomasS

    Die US-Politik hat sich nach 1945 ja auch nicht eben mit moralischem Ruhm bekleckert. Da wurden deutsche Kräfte gebraucht, um im drohenden Kalten Krieg gegen den Ostblock die Stellung zu halten. Und das notfalls ganz unabhängig vom früheren Parteibuch. Eines der prominentesten Beispiele ist Wernher von Braun, der in die USA geholt wurde und seinen maßgeblichen Teil zum Apollo-Projekt beigetragen hat. 1969 hat er auch die legendäre Mondlandung mit vorbereitet. Dabei war er 24 Jahre zuvor unter dem GröFaz Projektleiter bei der Entwicklung der Vernichtungswaffe V2, wodurch viele ihrer eigenen Leute hätten sterben können. Aber so sind sie, die Amis! Immer auf seiten des Stärkeren. Diejenigen, die Westdeutschland noch Jahrzehnte später als „besetztes Land“ verschrieen haben … das werden die Nachkommen derjenigen Nazis sein, die die Amis nicht brauchen konnten.

    Immerhin hat Westdeutschland dieser Politik den Marshallplan und damit sein Wirtschaftswunder zu verdanken. Stalin war nicht so clever. Der hat Ostdeutschland ausbluten lassen und stattdessen mit Propaganda und Drohungen operiert. Im Westen gab’s das Zuckerbrot, im Osten gab’s die Peitsche. Mir scheint, diese Diskrepanz wirkt bis heute nach … !

  3. ThomasS

    Die sowjetischen Staatsoberhäupter haben unliebsame Personen über Jahrzehnte hinweg zu Hunderttausenden in lager nach Sibirien geschickt. Die US-Regierung hat in Vietnam dafür gesorgt, dass Kinder mit Entlaubungsmitteln auf das grausamste verätzt werden. Stalin, Nixon & Co war das Scheißegal! Und deren Befehlshabende auch. Aber werden junge Russen deswegen etwa dazu angehalten, sich für die Sünden ihrer Vorväter zu schämen? Oder junge Amerikaner? Nicht dass ich wüsste …. die sind alle noch stolz auf ihr land, feiern trotz allem ihren Nationalfeiertag.

    Da wird ein junger Deutscher zu Recht fragen, warum er es denen nicht gleich tun darf, sondern sich von Staats wegen zeitlebens daran erinnern muss, was sein Oppa im Krieg Schlimmes getan hat. Fast schon im Sinne einer Erbsünde.

    Auf ebendiese Frage gilt es eine angemessene Antwort zu finden.

  4. ThomasS

    Die Rechten sind mit ihrer Antwort auf solche Fragen schnell bei der Hand.
    Die reden von einer „Weltverschwörung“ oder gar von einer „jüdischen Weltverschwörung“.

    Dass genau diese Art von Paranoia und Wahnsinn einst zu dem staatlich organisierten Massenmord geführt hat, den wir heute alle betrauern, beweinen und bedauern … das verschweigen sie natürlich!

  5. RT

    Die angemessene Antwort hast du ja am Ende selbst gegeben, warum man sich auch heute noch erinnern muss.

  6. ThomasS

    Sich erinnern ist gut.
    Sich schuldig fühlen müssen, ist schlecht.

    Natürlich macht es einen gewaltigen Unterschied, ob jemand auf diese Diskrepanz hinweist, der nicht dabei war, weil er erst später zur Welt kam. Oder ob jemand wie Martin Walser in einer Rede beklagt, er könne nicht mehr hinsehen. Natürlich erregt das deutlich mehr Aufsehen. Walser ist Jahrgang 1927, er war bei Kriegsende 18 Jahre jung und somit „verwendungsfähig“. Mit seinen 91 Jahren ist er einer der letzten noch lebenden prominenten Zeitzeugen.

    Nach dem Krieg wollte das Ausland mit deutschen Staatsvertretern nichts zu tun haben. Heute ist das anders. Deutschland ist in Europa wieder tonangebend und dies mitunter auf eine Weise, die anderen Staaten, denen es nicht so gut geht, sauer aufstoßen dürfte. Zugleich wird aber in jeder Festrede zum Holocaust-Gedenktag an die „deutsche Schuld“ erinnert. Und jeder Zuhörer, der einigermaßen bei Verstand ist, ist sich darüber im Klaren, dass es sich dabei um ein reines Lippenbekenntnis handelt.

    Soweit mir bekannt ist, ist unsere diensthabende Bundeskanzlerin in einem protestantischen Pfarrhaushalt groß geworden. Dennoch erinnert dies Schuldbekenntnis eher an die katholische Tradition: Sonntags in der Kirche wissen und bekennen wir, dass wir alle arme Sünderlein sind, und bitten um Vergebung. Und am Montag machen wir dann getrost weiter wie gehabt.

    Derlei leere Rituale dürfte man bei euch im Osten auch noch kennen.
    Kann das sein?
    Auch wenn ihr mit Religion eigentlich so gar nix am Hut hattet.

  7. RT

    Es ist schon ein Unterschied zwischen Mahnen und Erinnern und einer persönlichen Schuld. Die Schuld des Landes, des Volkes wird nie enden, sie tritt aber natürlich mehr und mehr in den Hintergrund. Persönlich muss sich keiner, der weit nach 1945 geboren ist, schuldig fühlen. Das entbindet ihn aber nicht von der Pflicht, dafür zu sorgen, dass das nicht mehr passiert.

  8. ThomasS

    Nach dieser Logik müsste sich nahezu jeder Staat auf Erden seiner Schuld bewusst sein, denn überall auf der Welt gibt es Volksgruppen, die von Staats wegen verfolgt, unterdrückt, bekämpft und gejagt werden. Die Türkei, der Jemen, die Ukraine sind nur drei der prominenten Beispiele Ich will nicht wissen, wieviel Hass immer noch schwelt, ohne dass die Daily News es auf dem Schirm haben. Aus Ex-Jugoslawien, noch vor 20 Jahren ein Brennpunkt der Berichterstattung, hat man ja durchaus lange nichts mehr gehört …

    Und dies mittlerwele im 74. Jahr nach Ende des größten Vernichtungskrieges aller Zeiten. In Wahrheit hat die Meschheit seitdem nichts dazu gelernt!

    Am Perversesten erscheint es mir, wenn Hass und Unterdrückung im Namen der Religion ausgeübt werden. Der Jemen erscheint mir da als passendes Beispiel. Aus den Nachrichten weiß ich, dass es sich um einen sogenannten Stellvertreterkrieg handelt. Saudi-Arabien unterstützt die Regierung, der Iran unterstützt die Rebellen. Beide Staaten sind muslimisch, orientieren sich also an demselben Gott, den sie Allah nennen, und richten sich nach demselben Gebetbuch, dem Koran. Aber die einen sin Sunniten, die anderen sind Schiiten. Was für den aufgeklärten Weltbürger klingt wie eine bürokratische Fußnote, das reicht da unten aus, um Mord und Totschlag zu veranstalten! Natürlich – und darauf will ich hinaus – geht es um etwas ganz anderes. Es geht um Macht, es geht um Geld, es geht um Öl. Ansonsten würden sich nicht die Oberhäupter scheinbar aufgeklärter Staaten dort engagieren, die mit Religion gar nix am Hut haben.

  9. ThomasS

    Letztlich ist ein Staat nichts weiter als ein abstraktes Konstrukt, gespeist aus historischen, regionalen und poloitischen Übereinkünften. Niemand hat diese Irritation deutlicher zu spüren bekommen als seinerzeit die Mitbürger in den neuen Bundesländern. Gestern noch NVA, heute plötzlich Bundeswehr. Wer gestern noch Feind war, ist jäh der Bündnispartner.
    1984 lässt grüßen!

    In diesem Zusammenhang von Schuld und Verantwortung zu sprechen, ist absurd. Eine Schuld traqen und Verantwortung übernehmen, das kann ein Staat gar nicht leisten. Das können nur Menschen. In diesem Fall die jeweils herrschende Staatsregierung und diejenigen, die sie unterstützen.

    Besonders deutlich wird das Groteske dieser Personifoizierung durch die Forderung, der deutsche Staat möge als Mahner gegen den Krieg auftreten. Nur mal so als Gedankespiel angenommen, ein Staat könne das leisten. Was, bitte qualifiziert dann ausgerechnet Deutschland zu dieser Rolle?!? Dass man den Völkermord mal groß versucht hat, aber letztlich gescheitert ist, weil andere – zum Glück – stärker waren? Angesichts dessen schätze ich mal, dass kein anderer Staat dieser Mahnung gerecht werden wollte, sondern ggfs die Konsequenz ziehen, es beim näüchsten Mal cleverer anzustellen. Und das tun viele, Staaten ja auch. Bzw. deren Regierungen tun es.

    Davon abgesehen: Den Staat, der seinerzeit unter dem GröFaZ die Weltherrschaft erlangen wollte, den gibt es nicht mehr! D.h., es gibt ihn schon noch … aber nur im Gedankengut jener Leute, die sich „Reichsbürger“ nennen. Die nehmen für sich die tatsache in Anspruch, dass zwischen den Alliierten und der NS-Regierung niemals ein Friedenvertrag geschlossen wurde. Ob diese Rechtsachfolger des Deutschen Reiches als Mahner gegen den Holcaust zur Verfügung stünden, wage ich zu bezweifeln …

  10. „Nach dieser Logik müsste sich nahezu jeder Staat auf Erden seiner Schuld bewusst sein“

    Richtig. Vielleicht eher: „einer Schuld“. Fühlst du dich keiner Schuld bewusst? Gar keiner?
    Denn natürlich sind immer die Menschen im Staat gemeint.

  11. ThomasS

    Nehmen ein anderes Beispiel.
    Nehmen wir den Staat Israel.
    Der wurde seinerzeit (ich glaube, es war 1948) von der damaligen britischen Kolonialmacht am Reißbrett entwickelt und per Dekret im Nahren Osten erschaffen. Da steckten zweifellos ehrenwerte Absichten dahinter. Die Juden – seit Jahrtausenden in alle Winde zerstreut – sollten endlich eine neue gemeinsame Heimat finden. Das war durchaus gerechtfertigt, gerade nachdem der seit Jahrhunderten schwelenden Antisemitismus durch die Machtfantasien des GröfaZ und durch deren ieiskalte ndustrielle Umsetzung seinen Höhepunkt erreifcht hatte. Nun waren in jenem Gebiet längst andere Menschen ansässig. Keine Ahnung, was sich die damaligen Kolonialbriten gedacht haben. Man kann sie auch nicht mehr fragen, weil die längst zu Asche und Staub zerfallen sind. Vielleicht dachten die sich, die bisherigen Einwohner würden sich angesichts des Leids und Elends ihrer Nachfolger „“gentlemenlike“ verhalten und freiwillig das Feld räumen. Vielleicht dachten sie, das Wort eines Briten sei Gesetz und daher zu befolgen. Dass damit ein dauerhafter erbitterter Konflikt heraufbeschworen wurde, der bis in die heutige Zeit hinein reicht …. das würde heute keiner von denen auf seine Kappe nehmen!

    Dabei geht es nirgendwo so sehr um Religion wie in diesem Konflikt!Es wird erbittert um irdische bStätten gekämpft, die beide Seiten für ihren jeweiligen Glauben in Anspruch nehmen! Dabei sollte Religion doch eigentlich die Menschen vereinen und nicht spalten! Oder ist es dafür bereits zu spät … ?

  12. ThomasS

    „Fühlst du dich keiner Schuld bewusst? Gar keiner?!

    Ich denke, es gibt keinen Menschen, der ohne Schuld durchs Leben kommt.

    Manchmal tut man anderen ja auch Unrecht, ohne sich dessen bewusst zu sein. Da nützt dann ggfs. ein dezenter Hinweis von außen. Sozusagen als Denkanstoß …

  13. RT

    Es gibt übrigens beim WDR eine sehr interessante Doku über „Holocaust“, und wie der Film ins Fernsehen kam.

  14. ThomasS

    „Denn natürlich sind immer die Menschen im Staat gemeint.“

    Vergleiche mal ein Bienenvolk (oder „Bienenstaat“) mit den rund 82 Millionen Miitbürgern die innerhalb der deutschen Staatsgrenzen leben. Dasselbe trifft auch auf jeden anderen Staat zu.

    Preisfrage:
    Welcher Staat ist besser organisiert?
    Der Bienen- oder der Menschenstaat … ?

    Gegenfrage:
    Welcher Mensch würde von sich selbst behaupten, er wäre lieber eine Biene und Teil meines Bienenstaates … ?

  15. ThomasS

    Was soll man von einem Soldaten oder Offizier halten, der ab morgen dem ehemaligen Feind dient, nur weil sich die Rechtslage geändert hat? Mir persönlich würde so jemand Angst machen …

    Es bedarf schon der Wurschtigkeit plus Selbstherrlichkeit eines Herrn Kohl zu glauben, dass das funktionieren könnte.

    Am Ende hat der alles nur „ausgesessen“ bit zum bitteren Ende inklusive seiner persönlichen Skandale. Das Aussitzen hat ihm seine Nachfolgerin abgeschaut. Die hat Land im Rahmen ihrer langjährigen Amtszeit lediglich verwaltet und das hat sie auch gut gemacht. Aber das ist nicht unbedingt deren Schuld. Für große Gesten wie den Kniefallvon Warschau ist eben nicht die Zeit. Daher zieht man sich an an Gedenktagen eben auf abgedrosche Phrasen zurück! Nach dem Motto Wer als Zuhörer dabei noch irgendwas empfindet, ist sebst schuld …!

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