Operation Zucker

MI 16.01.2013 | 0.25 Uhr (Do.) | Das Erste

Ich fühle mich so hoffnungsvoll und möchte ein Kerzlein anzünden. Vielleicht schreibe ich den Jugendschützern von der FSK einen Dankesbrief. Denn sie haben etwas ganz Rührendes getan. Die Leute von der FSK kämpfen erfolgreich gegen die Hoffnungslosigkeit auf dieser Welt. Es muss Freude herrschen, ein Aufatmen, dass es am Ende doch immer wieder alles gut wird.

Die ARD musste am Mittwochabend eine gekürzte, verstümmelte, veränderte Version des Dramas „Operation Zucker“ ausgestrahlen. Der Film handelte von Kinderhändlern und davon, wie einige engagierte Beamte den Händlerring, an dem auch hochrangige Leute beteiligt waren, sprengen wollten. In Ansätzen scheint das auch zu gelingen, die zehnjährige Fee scheint sicher zu sein.
In der Ausstrahlung um 20.15 Uhr wird der Film von einer Schrifttafel unterbrochen. Aus FSK-Gründen könne die Geschichte von Fee nicht zu Ende erzählt werden. Die Originalversion lief nur in der Mediathek und um 0.25 Uhr im Ersten. Darin wird die kleine Fee erneut entführt, die Ermittlerin verprügelt. Alles wieder offen.

Die FSK stufte „Operation Zucker“ ab 16 Jahren ein. Das Ende sei zu hoffnungslos, deshalb könne man das unter 16-Jährigen nicht zumuten.
Das ist nichts anderes als ein Skandal. Die Entscheidung von der FSK ist bekloppt. Bei RTL II düfen sich die Assis auch vorn Kindern anblöken, aber in der ARD sind keine Filme mit „hoffnungslosem Ende“ erlaubt? Wo leben wir denn eigentlich?
Das Ende ist schockierend, ja. Es geht an die Nieren. Man muss darüber reden. Aber dass es die ARD zulässt, dass der Film durch den Drei-Minuten-Schnitt verstümmelt und vor allem verändert wird, das ist mutlos, das ist feige. Primetime-Zuschauer haben einen anderen Film gesehen als Nachtzuschauer, und das hätte man bei der ARD nicht zulassen dürfen.


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Kommentare

21 Antworten zu „Operation Zucker“

  1. Felix

    War wirklich ein toller, berührender Film. Mir scheint aber, dass das alternative Ende eher etwas unrealistisch ist und so war ich ganz zufrieden mit der 20:15-Uhr-Version. 🙂

  2. RT

    Ich denke nicht, dass es unrealistisch ist, die werden sich dabei schon was gedacht haben…

  3. Flo

    Filmkürzungen sind doch nichts neues. Fast alle härteren Kinofilme werden für den deutschen Markt geschnitten. Da regt sich doch niemand drüber auf.

    Ich würde die Schlagkraft eines Films (oder des Fernsehens allgemein) nicht so herunterspielen. Nach Suizidmeldungen oder realistischen Filmen zu diesem Thema gehen nachweislich die Selbstmordraten nach oben. Nicht alle Zuschauer hinterfragen solche Sachen dann so wie du.

    Die ARD hätte den Film ja auch ab 22 Uhr ungeschnitten zeigen können. Aber so eine Aktion sorgt natürlich auch wieder schön für Publicity, was man an deinem Blog ja gut beobachten kann 🙂

  4. Felix

    Klar ist es unrealistisch, die lassen doch keine Polizistin umbringen, um ein Kind, das auch nichts beweisen kann, wiederzubekommen.

  5. Marwin

    Flo – bei solchen Kürzungen der härteren Kinofilme geht es aber um Blut, Gedärme, Splatter, Gore, … nicht um ein ernstes Thema, welchem mit der Zensur die Wucht genommen wird. Das ist, finde ich, ein wichtiger Unterschied.

  6. RT

    Die Polizistin wurde nicht umgebracht.

  7. Felix

    Sollte sie aber aus Sicht derjenigen, die den Befehl gegeben haben. Hat ja nur nicht geklappt, weil es der Informant ausführen sollte. Sonst hätten die sich ja auch nicht mit offenem Nummernschild da hingestellt.

  8. RT

    Krass find ichs aber so oder so, dass dann einfach mal ein „anderer“ Film gezeigt und das schulterzuckend hingenommen wird.

  9. Marwin

    Das finde ich auch krass. Sonst schlagen alle Alarm, wenn mal etwas zensiert wird und hier interessiert’s kaum einen.

  10. RT

    Ja, vor allem, weil es ja wirklich mehr als 6 Mio Menschen gesehen haben.

  11. ThomasS

    Ich habe mir den Film gestern nacht etwa zur Hälfte in der Mediathek angeschaut, mehr konnte und mochte ich nicht auf einmal sehen. Und das war schon deprimierend genug.
    Da konnte der Eingriff seitens der FSK auch nix mehr retten.
    Die Sperre wirkt auf mich eher wie eine hilflose Geste.
    Die andere Möglichkeit wäre … aber nein, ich will nicht schon wieder zum Verschwörungstheoretiker werden.
    Auf jeden Fall: Wenn alles zutrifft, was der Film behauptet (und davon gehe ich erstmal aus), dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Deutschland! Und eigentlich schade, dass diese Welt nicht untergegangen ist.

  12. RT

    Wenn nur den Film (bislang) nur zur Hälfte gesehen hast, hast du vom FSK-Eingriff noch nichts mitbekommen.

  13. Marwin

    Dir wird ja wohl nicht erst der Film einen kleinen Eindruck vom Kinder-Menschen-Handel verschafft haben, ThomasS. Das ist immer noch ein Tabu-Thema, und zwar ein gewaltiges, weil niemand es wahrhaben will, dass Deutschland ein beliebtes Land ist für Menschenhändler, weil der Absatz hier stimmt und die richtigen Gestalten sich bei uns tummeln …

  14. Norbert Illner

    Nur kürzt die FSK nichts selber, die ist auch nicht für’s TV zuständig. In der FSK-Datenbank findet man den Titel auch nicht.

    Beim Privat-TV ist z.B. die FSF zuständig. Die Öffis sind da nicht dabei, die machen es selber.

  15. RT

    Die FSK hat den Film vor allem für die DVD-Auswertung geprüft.

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