ZAPPER VOR ORT: Gottschalk live

MI 18.04.2012 | Berlin, Humboldt-Carré

Ute Biernat muss sich beim Publikum im Humboldt-Carré entschuldigen. Für die Produzentin der ARD-Show „Gottschalk live“ war der Mittwoch kein einfacher Tag. Stunden vorher wurde bekannt, dass die ARD die Vorabendsendung mit der Sommerpause beenden wird. Am 7. Juni muss Gottschalk Abschied nehmen. Und das sorgte für Wirbel hinter den Kulissen. Es sei unprofessionell gewesen, die Zuschauer auf dem Flur des Humboldt-Carrés so lange warten zu lassen, sagt sie vor Beginn der Aufzeichnung. Es habe viele Anfragen gegeben, einige Teamsitzungen, die Nachricht habe einiges losgetreten, so Biernat. Das Publikum ist versöhnt, aber die Ansprache war dringend nötig.

Gut anderthalb Stunden zuvor. Vor dem Humboldt-Carré in der Behrenstraße in Berlin-Mitte vergrößert sich die Menschentraube. Alle warten auf den Einlass in das große Gebäude, in dem „Gottschalk live“ aufgezeichnet wird. Live und Aufzeichnung – das ist ein Widerspruch in sich, aber das ist am Mittwochabend nicht das Thema. Die Leute sprechen über die Absetzung der Show, deshalb lungert wohl auch ein Team des ZDF die ganze Zeit vor dem Haus herum.

Eigentlich sollte um 19 Uhr der Einlass beginnen, doch es tut sich nichts. Ein Mann schreit in sein Handy, dass er heute Pamela Anderson treffen würde. Ja, die aus „Baywatch“, genau. Und dass die Show dann morgen laufe. Live? Nein, „Gottschalk live“ sei nicht live, ruft er noch ins Handy.
Eine Viertelstunde später als geplant, dürfen die ersten 20 Leute das Haus betreten. Check-in, Jacken und Handys und Fotoapparate abgeben und die Einverständniserklärung abgeben, dass man im Fernsehen zu sehen sein möchte. Und wieder warten. Nach und nach werden die gut 60 Leute eingelassen. Nach dem Check-in wird jeder noch einmal extra überprüft. Metalldetektor. Wirklich alles abgegeben?
Und wieder warten. Als alle endlich die Kontrolle passiert haben, werden wir in ein Treppenhaus geführt und müssen zwei Etagen hochlaufen. Einige haben Mühe.
Und wieder warten. In einem schmalen, stickigen Flur warten die Zuschauer darauf, endgültig ins Studio reingelassen zu werden. Der Unmut steigt. Ein Mann sagt zu seiner Frau, wenn die Produktionsfirma wieder mal anrufe, solle sie sagen, sie hätten schon was vor. Ein anderer klagt über Hitze, ein weiterer über Schwindel – der niedrige Bludruck.
Das Humboldt-Carré ist definitiv nicht dafür ausgelegt, dass dort Publikumsverkehr herrscht. Ein Vorraum zum Hinsetzen fehlt, hätte es draußen geregnet, wären die Menschen klatschnass gewesen. Das sind sie nun auch – vor Hitze. Eine Ansage gibt es auch nicht – nur einen Mann, der vor der Eingangstür darüber wacht, dass niemand die heilige Gottschalk-Halle stürmt.

Gegen 20.15 Uhr geht es dann endlich los. Einlass. Die, die ganz vorn standen, haben sich schon gefreut: erste Reihe?
Mitnichten! Wer wo sitzt, das entscheiden die Ordner. Einmal kurz gemustert, dann zeigt der Finger auf – die letzte Reihe. Auf Wiedersehen. Die Betroffenen sind sichtlich und hörbar enttäuscht. Die letzte Reihe müsse zuerst aufgefüllt werden, sagt ein Grundy-Mitarbeiter und führt die nächsten Leute in die zweite Reihe. Sie sehen auch hübscher aus, das muss man sagen. Der junge Mann im Schlabber-T-Shirt und der sehr korpulente Herr kommen da nicht heran. Auch nicht der Typ in der Trainingsjacke. Es herrscht neuer Unmut. Ganz hinten sieht man nämlich so gut wie nichts mehr, da das Publikum in einer Art Garage sitzt. Auch das Studio ist nicht für eine Produktion für Publikum gebaut worden – das rächt sich. Dass das Team aber so eindeutig selektiert – die Hübschen nach vorn, die andern weit weg, das wirkt nicht sehr professionell und feinfühlig.

Produzentin Ute Biernat spricht zum Volk, entschuldigt sich, da schneit auch schon Thomas Gottschalk zum Seiteneingang hinein. Um ihn müsse man sich keine Sorgen machen, sagt er zu den Zuschauern. Er wirkt locker, auch wenn der Nachmittag sicherlich nicht einfach war.

Dann geht alles recht schnell. Das muss man der Produktion lassen: Kein spezielles Warm-up, keine Extra-Appläuse für Kameraeinstellungen – es geht einfach irgendwann los. Und das recht zügig. Gegen 20.30 Uhr beginnt die Aufzeichnung von „Gottschalk live“ für den Donnerstag.
Gottschalk geht noch mal raus, der Vorspann inklusive Haribo-Sponsoring läuft, und Gottschalk kommt wieder rein.
Es habe diverse Beilieidsbekundungen gegeben, sagt er dann zum Beginn der Show, am 7. Juni sei Schluss. Traurig wirkt er nicht, irgendwie ein bisschen erleichtert. Um sich aufzumuntern, sehe er gern mal Tiervideos bei Youtube. Zu sehen ist dann ein tanzender Bär. Was uns dieser Clip sagen soll, ist unklar. Er ist nicht wirklich lustig, eher ein bisschen traurig, was allerdings zur Stimmung im Team passen würde. Vielleicht ist es aber einfach auch nur einfallslos, so einen unmotivierten Clip zu zeigen – aber an der Einfallslosigkeit ist die Show an sich ja schon gescheitert.

Pamela Anderson ist sein Gast, es laufen noch mal Ausschnitte aus „Baywatch“ und ein Werbeclip aus der Türkei mit der Busenlady. Das Publikum findet’s lustig und applaudiert, als der Applausmann auch beginnt, zu klatschen und zu johlen. Als Gottschalk jedoch einen Clip zeigen will, wo Pamela irgendwas mit Torten macht (das habe ich akustisch nicht so genau verstanden), winkt sie ab: Das solle man nicht zeigen. Sie scheint es ernster zu meinen, denn sie sagt das noch mal, und plötzlich sagt auch Gottschalk „Halt“. Dann zeigen sie diesen Film tatsächlich nicht. Ich bin gespannt, ob diese Szene am Donnerstag zu sehen ist.

Später wird noch Heidi Klum aus den USA zugeschaltet. Gottschalk macht einen Witz, dass er ja nun auch gefeuert wurde, worauf Heidi fragt: „Wieso auch?“ Gottschalk rudert zurück und meint, sie habe ja ihren Seal auch rausgeworfen, und er würde jetzt eine Selbsthilfegruppe gründen. Heidi findet das irgendwie nicht so lustig.

Nach nicht mal 30 Minuten ist alles vorbei. Das Warten auf die Show hat jedenfalls länger gedauert. Gottschalk verschenkt nach einer Verkostung in der Sendung noch eine Flasche Schnaps an einen Mann in den hinteren Reihen. Als der um ein Autogramm auf die Flasche bittet, sagt Gottschalk, er komme gleich wieder – und verschwindet. Beim Auslass verteilt eine Mitarbeiterin Autogrammkarten. Vom Thommy ist nichts mehr zu sehen. Ich gehe, um meine Klamotten wieder abzuholen. Wer weiß, vielleicht hat sich ja Gottschalk doch noch entschlossen, einen Krakel auf den Schnaps zu setzen. Lange hat er ja nicht mehr Gelegenheit, sich mit den Berlinern gutzustellen.


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Kommentare

2 Antworten zu „ZAPPER VOR ORT: Gottschalk live“

  1. Leak

    […]“einen Clip zeigen will, wo Pamela irgendwas mit Torten macht“[…]

    War wohl der Clip wie sie nackt eine Torte an Hugh Hefner überreichte. Zu dessen 82tem Geburtstag. Google findet das entsprechende Bildmaterial…

  2. RT

    Ah, ja, genau, so was wars.
    Danke für den Tipp!

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