Wider den tierischen Ernst 2012

MO 30.01.2012 | 20.15 Uhr | Das Erste

Manchmal ist es ja echt gut, wenn man bei einer Show eine Band im Hintergrund hat, die den Zuschauern mitteilt, dass gerade etwas unfassbar witzig ist. Tusch! Der Satiriker Ottfried Fischer kann dankbar sein, dass er am Montagabend so eine Band im Hintergrund hatte. Tusch!
Denn seinen Gag fand einfach niemand witzig: Warum habe der Bundespräsident ausgerechnet dem Feind, also der „Bild“, auf den Anrufbeantworter gesprochen?, fragte Fischer. „Politischer Selbstmord scheidet aus, dazu braucht man ja eine Badewanne.“
Ex-Außenminister Theo Weigel schaute entsetzt und mit offenem Mund zur Bühne, auch sonst herrschte Ruhe. Aber dann: Tusch! Haha, war ja doch witzig. Schließlich hat die Band den … genau, den Haha-Witzig-Tusch gespielt. Die Anspielung auf Uwe Barschel war nicht nur nicht witzig, sie war geschmacklos. Kein Wunder, dass keiner lacht.

Ottfried Fischer hat den „Orden wider den tierschen Ernst 2012“ bekommen. Weil kein anderer ihn haben wollte. Normalerweise wird der Preis Leuten verliehen, die in ihrem Amt Humor zeigen. Norbert Blüm hat ihn, Theo Waigel, Heiner Geißler auch. Letztes Jahr wollten sie im kleinen Aachen mal ganz cool sein, und erkoren Karl-Theodor zu Guttenberg. Weil der gerade gerade mit seiner Fälscheraffäre zu tun hatte, konnte er nicht kommen.
Nun also Fischer, der Satiker ist, dessen Beruf sowieso der Humor ist. Scheint keinen anderen mehr gegeben zu haben. Und dann steht da ein Mann, der erstmal die Narrenkappe gleich wieder absetzt. Angeblich weil er so schwitzt, vielleicht fand er sie aber auch doof.

Dass die Aachener mit dieser Posemuckel-Sause im Primetimeprogramm im Ersten auf Sendung gehen dürfen, ist sowieso erstaunlich. Wenn wir Glück haben, läuft das peinliche Faschingsgedöns nächste Jahr im WDR. Nur da gehört es hin.


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Kommentare

5 Antworten zu „Wider den tierischen Ernst 2012“

  1. ThomasS

    Ich habe bei Youtube gesucht, ob es die Szene dort als Clip zu sehen gibt, aber leider nichts gefunden. Es gibt dort aber ein Interview, das mit Ottfried Fischer anlässlich der Preisverleihung geführt wurde. Ich hatte Fischer lange nicht im TV gesehen und war ein bisschen entsetzt. Er soll ja schwerkrank sein.

    Ich frage mich, ob man dem Mann mit der Preisverleihung wirklich einen Gefallen getan hat.

  2. RT

    Ja, irgendwas war da. Kann mich auch dunkel erinnern.
    In der ARD-Mediathek gibts die Show auch nicht mehr?

  3. ThomasS

    Nein, da habe ich noch nicht nachgeschaut.
    Ansonsten glaube ich dir natürlich aufs Wort, dass es sich genauso abgespielt hat, wie du schreibst.

    Übrigens musste ich dabei auch an den letzten öffentlichen Auftritt von Rudi Carrell denken. Das war ja ebenfalls anlässlich einer Preisverleihung, und auch Rudi Carrell war ja damals deutlich von einer schweren Krankheit gezeichnet. Aber da sieht man vielleicht wirklich mal die Gratwanderung. Rudi hat uns ja alle zu Tränen gerührt, während der Auftritt Ottfried Fischers wohl letztlich nur für peinliches Schweigen und allgemeines Kopfschütteln gesorgt hat.

    Allerdings könnte ich mir denken, dass Ottfried Fischer wegen seiner Parkinson-Erkrankung gezwungen ist, starke Medikamente einzunehmen, die ebenso starke Nebenwirkungen hervorrufen & womöglich ganz nebenbei auch das Denkvermögen beeinträchtigen. Hätte Fischer echte Freunde, so hätte einer von denen ihn an diesem peinlichen Auftritt gehindert. Und säße bei dem verantwortlichen Sender nicht mindestens ein notorisches Arschloch am Drücker, dann wäre Fischer wohl auch nie in die Situation geraten, mit einer Narrenkappe auf der Bühne zu stehen und peinliche Witze zu reißen.

    Insofern sehe ich den Auftritt von Ottfried Fischer als mindestens ebenso tragisch an wie seinerzeit den von Carrell (wenn nicht sogar noch tragischer). Aber dies natürlich auf einer ganz anderen Ebene.

  4. RT

    Ich finde, die Auftritte von Carrell und Fischer kann man nicht vergleichen.
    Was Carrell 2006 gemacht hat, war schon großartig. Er war krank, aber er wusste, was er tat. Und sein Auftritt hatte Stil. Er wusste, dass es definitiv sein letzter Auftritt war, und er hat das auf auf seine Weise gemacht. Ich war damals sehr beeindruckt.

  5. […] Er war nur noch langsam. Scheinbar starr. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Als er 2012 den Orden “Wider den tierischen Ernst bekam, war ich ziemlich entsetzt, als ich ihn da auf der Bühne stehen sah. Unlustig, irgendwie […]

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