Kriegerin

Nazis fühlen sich gestört, wenn sie Ausländer in ihrem Blickfeld sehen. Denn Nazis mögen Ausländer nicht. Diese Sprache, die die Nazis nicht verstehen, da fühlen sie sich ganz doll gestört. Schließlich sind wir hier doch in Deutschland, und da habe man doch deutsch zu sprechen. Da müssen sich die Nazis eben mal wehren.
Was hier so lapidar klingt, ist in Wahrheit beklemmend. Denn Nazis denken in ihrem kleinen Hirn tatsächlich so.

Marisa (Alina Levshin) lebt in einer Kleinstadt in Mitteldeutschland. Sie arbeitet im Supermarkt ihrer Mutter. Kommen Ausländer und wollen mit ihren staatlichen Gutscheinen bezahlen, weigert sie sich, zu kassieren. In der Bahn zieht sie mit ihren Freunden umher und schikaniert die anderen Fahrgäste. Sie überfährt mit dem Auto zwei junge Asylanten, die, nachdem ihnen Marisas Freund aufs Shirt gepinkelt hat, ihren Außenspiegel abgebrochen haben.
Ihr Freund sitzt im Knast, als er frei kommt, gehen die Prügeleien und Rangeleien wieder von vorn los. Was er nicht weiß: Marisa hat sich mit einem jungen Afghanen angefreundet.

„Kriegerin“ von David Wnendt dringt ein in die Neonaziszene. Was treibt diese Leute um, warum sind sie so, wie sie sind? Der Film liefert keine Antworten, er kann sicherlich auch gar keine endgültigen Antworten finden.
Er zeigt jedoch sehr eindrucksvoll, was es in der rechtsradikalen Gruppe und im Umfeld nicht gibt: Gefühle. Marisas Mutter stotzt nur so von Gefühlskälte, scheinbar lässt es sie kalt, was abläuft. Dabei hat sie wohl nur eines: Angst. Marisas Freund verwechselt Gefühle mit dem bloßen Ficken. Will sie nicht, fragt er, warum sie seine Gefühle nicht erwidere. Was für Gefühle?
Spannend ist auch die Geschichte der 15-jährigen Svenja (Jella Haase). Von ihrem Stiefvater und ihrer Mutter nicht verstanden und wenig geliebt, stößt sie über ihren Schwarm zur Nazigruppe. Eigentlich gar sie gar keine Ahnung von Hitler, sie kennt den gar nicht – aber sie sieht den Zusammenhalt. Dafür sticht sie sich sogar die „88“ (für: heil Hitler) auf den Bauch.
„Kriegerin“ zeigt die Dumpfheit diese Leute, den Frust, die unterdrückten Gefühle, den Hass, den diese Menschen in sich tragen – bis zur Eskalation.
Alina Levshin spielt die Rolle der Marisha fast gespenstisch gut. Scheinbar regungslos und ohne mit der Wimper zu zucken, ist sie zu grauenvollen Taten fähig. Wahnsinnig gut gespielt.
Ob Wnendts Film etwas bewirkt, ist ungewiss. Aber wenn er die Augen öffnet für den alltäglichen Rassismus, die Brutalität und die Dummheit, dann ist schon viel erreicht.

9/10


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