Mama ist tot.
Dieser Satz, wie er da so auf dem Handydisplay von Lars (Max Riemelt) steht, erscheint unfassbar. Und doch – irgendwie lässt er ihn kalt. Er weiß, er muss nach Hause, muss etwas tun. Aber da ist kein Gefühl.
Wie geht man um mit dem Tod? Was kommt nach dem Schock? Tränen? Das große Schweigen? Oder gar nichts?
Und wie geht man als Außenstehender damit um, wenn das Elternteil eines Freundes stirbt? Findet man ein paar gute Worte? Einmal umarmen? Rumblödeln und versuchen, davon abzulenken? Ein paar verkrampfte Worte und dann lieber gar nichts mehr? Oder überhaupt nicht melden?
All das gibt’s.
Bei den Dewenters ist das alles ein bisschen anders. Die Familie scheint nicht zu trauern, als Mutter Andrea (Lena Stolze) bei einem Autounfall ums Leben kommt. Christian (Götz Schubert) flüchtet zu seiner Geliebten. Tochter Elaine (Mathilde Bundschuh) fühlt die völlig Leere. Und Sohn Lars beginnt, alles zu regeln – auch ohne Hilfe der beiden anderen.
Keine Tränen.
Die Wunden reißen erst nach und nach auf. Neue Freundschaften ergeben sich, ungeahnte Konstellationen.
Dann kommt sie doch, die Trauer.
Und es ist verdammt schwierig, damit umgehen, besonders für die Dewenters. Die Regisseurin Pia Strietmann erzählt in ihrem Langfilmdebüt extrem eindrucksvoll über die „Tage, die bleiben“. Die Familie lebt in einer einzigen Schockblase. Man sieht zu, man ist fassungslos, wie kalt die Hinterbliebenen sind. Oder zu sein scheinen. Sie können nicht trauern, sie hadern mit sich, mit ihrer Familie.
Und alle wollen sie helfen: der Bestattungsunternehmer, der auch ein Freund von Lars ist. Der die richtigen Worte findet, damit aber trotzdem nicht durchdringt. Die Freundin von Elaine, die fast schon auf plumpe Art versucht, die Trauer ihrer Freundin zu verdrängen. Der Nachbarsjunge, der sein Beileid ausdrückt, scheinbar einfach so. Die Geliebte des Vaters, die schuldig sein soll, es aber nicht ist.
Die Geschichte, die an sich schon erschütternd ist, lebt aber auch von seinen tollen Schauspielern. Allen voran Mathilde Bundschuh, die die Tochter spielt, die so cool sein will, aber es gar nicht ist.
Pia Strietmann ist mit „Tage, die bleiben“ ein hervorragender Film gelungen.
9/10
Schreibe einen Kommentar